02.06.2017

Keine Schraube locker

Es klingt verrückt – doch es klappt. Der Chirurg Philippe Ghibu vom Kantonsspital Baden (KSB) fixiert Gefässprothesen in der bloss zwei Millimeter dünnen Wand der Hauptschlagader mit Schrauben. Er ist einer der wenigen Spezialisten in der Schweiz, die diesen Eingriff durchführen.

Unter dem Messer von Ghibu landen hauptsächlich Patienten mit einem Aorten-Aneurysma, einer mit Blut gefüllten Aussackung. Je praller gefüllt ein Aneurysma ist, desto grösser ist die Gefahr, dass es platzt. Um ein Aufreissen und damit eine lebensbedrohliche Situation zu verhindern, setzen Chirurgen eine Gefässstütze, einen sogenannten Stent, an die lecke Stelle der Aorta, durch die das Aneurysma mit Blut versorgt wird. Der Eingriff erfolgt minimalinvasiv über die Leiste und ist längst eine Routineübung. Im KSB wurden in den letzten zwölf Monaten über 60 solcher Prothesen implantiert.

Anschaulich: KSB-Arzt Philippe Ghibu erklärt, wie er Prothesen in der Aorta fixiert. (Bild: Stefan Wey, KSB)

Im Normalfall hat der Stent einen festen Sitz. Was aber, wenn er zu verrutschen droht? „Dann fixieren wir ihn mit Schrauben“, sagt Arzt Ghibu, Leiter endovaskuläre Gefässchirurgie am KSB. „Dies ist etwa dann der Fall, wenn sich die Aorta nach unten weitet.“

In rund zehn Prozent aller Fälle müssen Ghibu und sein Team die Implantate mit den spiralförmigen Schrauben sichern. Ein delikater Eingriff. Die winzigen, 4,5 Millimeter langen Schrauben müssen in der nur zwei Millimeter starken Aorten-Wand präzise gesetzt werden. Ohne Hightech-Geräte zum Platzieren jeder einzelnen der rund zehn Schrauben und dem geschulten Auge des versierten Chirurgen würde der Eingriff mehr Schaden anrichten, als Nutzen bringen.

Das Fachwissen von Ghibu ist gefragt: Seit Mai 2017 steht er seinen Fachkollegen als offizieller Proctor beratend zur Seite. Zudem hält er häufig Fachvorträge an internationalen Kongressen.

Die KSB-Ärzte Philippe Ghibu und Antonio Nocito (rechts) sind sich einig: Innovative Technik muss den Patienten helfen. (Bild: Stefan Wey, KSB)

Die Erfolge von Ghibu sind für das KSB von strategischer Bedeutung: „Wir wollen technisch führende Grundangebote entwickeln, um unseren Patienten einen echten Mehrwert bieten zu können – etwas, das sie anderswo nicht finden“, sagt Antonio Nocito, Direktor des Departementes Chirurgie am KSB. „Unserem Gefässzentrum kommt daher eine Leuchtturmfunktion zu. Wir werden unsere Kompetenz auf diesem Gebiet weiter ausbauen.“