Lymphödem

Das Lymphsystem ist neben dem Blutkreislauf das wichtigste Transportsystem im Körper. Es ist auf den Transport von Immunabwehrzellen, Nähr- und Abfallstoffen spezialisiert und entsorgt in den Lymphknoten zudem Krankheitserreger wie z.B. Bakterien und Fremdkörper. Somit ist es für die Immunabwehr des Körpers bedeutsam.

Die Lymphgefässe sind dazu wie eine Art Netz im gesamten Körper verteilt. Im Gegensatz zum Blutgefässsystem (Arterien und Venen) bildet das Lymphsystem keinen Kreislauf. Es beginnt mit den kleinsten sogenannten Lymphhaargefässen, die sich zu immer grösseren Lymphkollektoren und Lymphstämmen vereinigen und mit Hilfe der Herzaktivität, der Muskelpumpe, den Klappen und Kontraktionen der Lymphgefässe zum Venenwinkel transportiert werden.

Als Lymphe wird die in den Lymphgefässen enthaltene wasserklare helle Flüssigkeit bezeichnet (lat. Lympha = klares Wasser). Es werden täglich bis zu 4 Liter Lymphe über das Lymphsystem aus dem Gewebe entsorgt, wodurch das Immunsystem unterstützt wird.

Primäres und sekundäres Lymphödem

Kann die Lymphe nicht mehr abfliessen, kommt es zu einer Schwellung der betroffenen Körperregion. Meist in den Armen oder Beinen, jedoch ist es auch am Rumpf möglich. Diese Schwellung nennt man Lymphödem. Das Wort Oedem bedeutet Flüssigkeiteinlagerung.

Primäres Lymphödem

Beim primären Lymphödem handelt es sich um eine angeborene Veränderung von Lymphgefässen / Lymphknoten, das heisst, es ist genetisch bedingt. Je nachdem wie stark der Defekt ausgeprägt ist, kann das Lymphödem früher oder später im Leben entstehen.

Sekundäres Lymphödem

Beim sekundären Lymphödem handelt es sich um eine erworbene Störung des Lymphtransportes, z.B. infolge von Operationen / Verletzungen / Lymphknotenentfernungen / Strahlentherapie / Adipositas. So sind z.B. 20-30% der Brustkrebspatientinnen von einem sekundären Lymphödem betroffen.

Bei allen Formen des Lymphödems besteht ein ungenügender Abtransport der Gewebeflüssigkeit und der darin enthaltenen Eiweisse. Diese führen später zu Umbauprozessen im Gewebe, so dass zuerst eine Fibrose, später eine Verhärtung (Sklerose) entsteht.

Betroffene Körperstellen sind in der lokalen Immunabwehr geschwächt, somit besteht ein erhöhtes Risiko für Hautinfektionen und Entzündungen (Wundrose).

Symptome eines Lymphödems

Erste Anzeichen können bei einem Lymphödem folgende sein:

  • Schwere-Druck- und Spannungsgefühl, vor allem nach dem Sport oder abends / bei heissen Temperaturen. Schnelle Ermüdung der Arme / Beine unter körperlicher Belastung.
  • Schwellung der betroffenen Körperregion: beim Drücken entsteht eine Delle (Vgl. Stadium I).
  • Es können Bewegungseinschränkungen (Arme / Beine) als Folge der Schwellung auftreten.

Beispiel Bein ohne und mit Lymphödem. (photocredit: shutterstock)

Die Stadien des Lymphödems

Latenzstadium = Stadium 0

Beschädigte Lymphgefässe (z.B. vererbt oder nach Operationen) können vorhanden sein, ohne dass es zu einem Oedem = Schwellung kommt. Man sieht von aussen nichts, da die umliegenden Lymphgefässe die Aufgabe noch übernehmen können. Das betroffene Körpergebiet ist Lymphödem gefährdet.

Stadium I

Das Gewebe ist weich. Beim Drücken entsteht eine Delle. Beim Hochlagern / über Nacht geht die Schwellung vollständig zurück. Stadium der Reversibilität.

Stadium II

Die Schwellung ist immer vorhanden, die Haut wird härter, da das Bindegewebe verändert wird. Die komplexe physikalische Entstauungstherapie (KPE) reduziert den Flüssigkeitsanteil im Oedem. Erst nach längerem Tragen der Kompression können im Verlauf auch die Bindegewebsveränderungen gelockert werden.

Stadium III

Extreme Schwellung bei stark fortgeschrittener Erkrankung vor allem beim unbehandelten Lymphödem und nach mehreren, schubweisen Wundrosen auftretend. Sehr starke Veränderungen von Haut und Bindegewebe, Wunden.

Diagnostik

Die Diagnose stützt sich auf eine genaue Befragung und eine klinische Untersuchung durch den Facharzt.

Typisch sind beim sichtbaren Lymphödem (ab Stadium I) ein durch Abtasten erkennbares Dellen-bildendes Oedem und das sog. „Stemmer Zeichen“, bei dem die Hautfalte über der Zehe nicht erfasst werden kann.

Ergänzende Untersuchungen z.B. mittels Ultraschall / CT / MR / Laborbestimmungen dienen dem Nachweis anderer möglicher Ursachen für die Schwellung oder dem Nachweis eines Lymphödems (z.B. Fluoreszenzlymphographie, Lymphszintigraphie, Lymphangiographie).

Die Behandlung des Lymphödems

Das Lymphödem lässt sich nicht „heilen“. Da es eine chronische Erkrankung darstellt, wird die Behandlung Teil des Alltags.

Grundsätzlich wird eine konservative Therapie empfohlen. Die operative Behandlungsform kann in fortgeschrittenen Stadien angewendet werden und ist teilweise Gegenstand der aktuellen Forschung und Entwicklung.

Die medikamentöse Behandlung ist wenig erforscht und aufgrund heutiger Erkenntnisse nicht mit der konservativen Behandlung, der KPE, zu vergleichen, da letztere viel effektiver ist.

Die 5 Säulen der Behandlung des Lymphödems

Die 5 Säulen des KPEs. (Quelle: www.lv-schweiz.ch)

Die komplexe physikalische Entstauung (KPE) besteht aus 2 Phasen:

Phase I: Intensivphase

Besteht aus täglicher Lymphdrainage mit anschliessender Bandagierung (3-5x/Woche) und Bewegungsübungen (Physiotherapie und selbständige Übungen), um die Schwellung zu verringern und das Bindegewebe zu lockern. Zum Schluss erfolgt die Abmessung eines angepassten Kompressionsstrumpfes.

Phase II Erhaltungstherapie

Dient der Erhaltung vom Ergebnis der KPE. Das konsequente Tragen des Kompressionsstrumpfs, weitergeführte regelmässige Bewegungstherapie, tägliche Hautpflege und die Gewichtskontrolle sind wichtig, damit das Oedem und die Bindegewebsveränderungen nicht wieder zunehmen. Individuell können periodisch Serien manueller Lymphdrainage eingebaut werden.

Wichtig im Zusammenhang mit dem Lymphödem ist eine gute Prophylaxe (Vorbeugung) vor einer Entzündung, der sog „Wundrose“.

Da die Lymphflüssigkeit den Körper in der Immunabwehr unterstützt, kann es bei einem Lymphödem bei dem sich die Lymphe staut, zu einer Schwächung der Immunabwehr und daher zu lokalen , eventuell systemischen Entzündungen z.B. am Bein / der betroffenen geschwollenen Region kommen.

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