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Stoffwechsel­typen: Fakt oder Fiktion?

14. Mai 2024

Schlemmen, ohne dick zu werden und Bizeps im Handumdrehen: Das soll je nach Stoffwechseltyp möglich sein. Quellen hierfür gibt es viele. Solche Kategorisierungen nützen allerdings wenig und sind wissenschaftlich nicht belegt, sagt Hormonspezialistin Michelle Egloff.

Der ektomorphe Stoffwechseltyp ist gross und dünn, der mesomorphe muskulös, der endomorphe rundlich. So beschrieb William Sheldon, US-amerikanischer Mediziner und Psychologe, 1942 seine Theorie der Stoffwechseltypen. Er wies ihnen auch unterschiedliche Charakterzüge zu: intellektuell, durchsetzungsstark oder gesellig. Die Idee dahinter: Kennt man seinen Körpertyp, isst man sich mit der dazu passenden Ernährung gesund und schlank. Auch andere Kategorisierungen, beispielsweise nach Drüsentyp, stecken Körper aufgrund ihrer Ausprägungen in Schubladen.

Von den Körpertypen zu den Stoffwechseltypen

Die Idee von verschiedenen Körpertypen geht bis in die Antike zurück. So entwickelte der römische Arzt Galenus die Viersäftelehre. Sie besagt, dass alles – jede Pflanze, jedes Organ, jeder Körper – auf die vier Elemente Feuer, Wasser, Luft und Erde zurückgehe. Entsprechend sei alles Belebte oder Unbelebte entweder warm, kalt, trocken oder feucht. Ein Ungleichgewicht davon mache krank. Mit einem entsprechenden Gegenspieler könne das aber wieder ins Lot gebracht werden.

Frau beim Rennen
Übergewicht wegen falschem Stoffwechseltyp? So einfach ist es nicht. Dennoch halten sich die Vorurteile in Fitness-Blogs und -Foren.

«Alles hilflose Versuche, die Menschen zu kategorisieren», sagt Michelle Egloff, Leitende Ärztin Endokrinologie und Diabetologie am KSB. «Es gibt keine wissenschaftlichen Beweise, die solche Typisierungen stützen.»

Ernährung und Training, die zum Stoffwechseltyp passen

Vor allem in der Fitnessszene ist die Einteilung nach Sheldon aber nach wie vor beliebt, viele Blogs und Websites verweisen darauf. Die Versprechen: Damit lasse sich für jeden Körpertyp das richtige Training zusammenstellen. Zudem würden mit der zum Typ passenden Ernährung die Muskeln wachsen und das Fett schmelzen. «Das ist eine falsche Fährte», sagt Michelle Egloff. «Übergewicht oder Krankheitssymptome einer ‹Ursache gemäss Stoffwechseltyp› – egal welcher Theorie – zuzuordnen, ist unseriös.»

Portrait Michelle Egloff

«Alles hilflose Versuche, die Menschen zu kategorisieren»

Michelle Egloff

Leitende Ärztin Diabetologie und Endokrinologie

Beispielsweise sei bei der Einteilung nach Drüsentyp das Ziel, ein Leiden einer bestimmten Fehlfunktion einer Drüse zuzuordnen. «Möglicherweise liegt die Ursache aber ganz woanders. Ich halte deshalb sehr wenig von diesen Typologien und rate davon ab, sich auf diese zu stützen.»

Was taugen Tests? Michelle Egloff nimmt Stellung

Da diese Stoffwechseltypen jeglicher seriösen wissenschaftlichen Grundlage entbehren, gibt es auch kein entsprechendes Testverfahren.

BMI als Massstab

Michelle Egloff merkt allerdings an, dass die Körperform in manchen Fällen durchaus ein Hinweis für eine bestimmte Erkrankung sein kann. Beispielsweise kann rumpfbetontes Übergewicht mit schlanken Extremitäten auf einen hohen Cortisolspiegel hindeuten. «Aber das ist völlig unspezifisch. Ein solches Merkmal ist höchstens ein Puzzlestein im diagnostischen Verfahren, aber weder zur Selbstdiagnose noch für die Alternativmedizin ein geeignetes Werkzeug.»

Eine in der Medizin häufig gebrauchte Einteilung von Körpertypen sei der Body-Mass-Index. «Auch dieser ist nur eine Annäherung an die Realität und unterliegt immer einer Interpretation.» So muss man beispielsweise berücksichtigen, wie muskulös jemand ist. Denn Muskelmasse wiegt zwar viel und treibt den BMI damit in die Höhe, ist aber kein Zeichen von ungesundem Übergewicht. Auch die Art der Fettverteilung ist wichtig: Eine «Apfelform» ist für den Körper schädlicher als eine «Birnenform». «Das Ableiten notwendiger Massnahmen ist deshalb auch beim BMI Aufgabe eines Arztes.»

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Ärztliche Hilfe bei Gewichtsproblemen

Sind Sie mit Ihrem Gewicht unzufrieden? Oder scheitert ein Diätversuch nach dem anderen? Expertinnen und Experten des Adipositaszentrums am KSB helfen Ihnen gerne weiter.

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Tamara Tiefenauer • Geprüft von: Dr. med. Michelle Egloff, Leitende Ärztin Endokrinologie/Diabetologie

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