Mit 8‘928 Notfall-Patientinnen und -Patienten war der April 2022 der intensivste Monat des Jahres, gefolgt vom Dezember mit 8‘640 Patienten. Ein Rekordaufkommen gab es am 26. Dezember 2022, als insgesamt 355 Personen an einem Tag den Notfall aufsuchten. Auch am 25.12.2022., 27.12.2022 sowie am 02.01.2023 wurde die 300-Personen-Marke übertroffen.
Grund für das hohe Patientenaufkommen über die Festtage war zum einen der Umstand, dass zahlreiche Hausarztpraxen geschlossen waren. Zum anderen überlappen sich derzeit die Corona-, die RSV- sowie die Influenzawelle. Bei den Krankheitsbildern dominieren sowohl bei den Kindern als auch bei den Erwachsenen Atemwegsinfektionen.
Appell an die Bevölkerung zeigte Wirkung
Da viele Leute mit medizinischen Bagatellen den Notfall aufsuchten und diesen an den Rand seiner Kapazitätsgrenzen brachten, wandte sich das KSB am 27.12.2022 an die Öffentlichkeit, mit der Bitte, den Kinder- und Erwachsenennotfall nur für dringend angezeigte medizinische Behandlungen aufzusuchen.
Dieser Appell zeigte Wirkung, ging die Anzahl der Notfallpatienten daraufhin doch leicht zurück. „Es kam sogar vor, dass Patienten mit geringfügigen Leiden sich entschuldigen, weil sie dennoch den Notfall aufsuchten“, sagt Dr. Markus Schwendinger, Leiter des KSB-Notfallzentrums. Viele Leute hätten sich auch erst gemeldet, nachdem sie zuvor vergeblich versucht hatten, ihre Leiden mit Mitteln aus der Hausapotheke selbst in den Griff zu bekommen.
So viel Verständnis zahlreiche Patientinnen und Patienten für die Wartezeiten in der Notfallpraxis aufbrachten, so fordernd waren andere. „Es gab Patienten, die keine Geduld aufbrachten, wenn sie für ein Arbeitszeugnis fünf Minuten warten mussten“, sagt Schwendinger. Sein Fazit: „Die Erwartungshaltung der Patienten nimmt zu. Man sucht den Notfall eines Spitals generell rascher auf als noch vor ein paar Jahren. Offenbar reagieren seit Corona viele Leute empfindlicher auf Alarmsignale ihres Körpers. Im Zweifelsfall sucht man den Notfall auf anstatt abzuwarten und dann zum Hausarzt zu gehen.“
Verdoppelung des Patientenaufkommens im Kinder-Notfall
Ähnlich beurteilt die Situation Prof. Guido Laube, der Leiter der Klinik für Kinder und Jugendliche des KSB. „Die Erwartungshaltung vieler Eltern ist hoch“, sagt Laube. „Sie erwarten rund um die Uhr einen schnellen Service.“
Den Kinder-Notfall des KSB haben im Jahr 2022 insgesamt 23‘659 Kinder und Jugendliche aufgesucht. Im Vergleich zum Jahr 2020 entspricht dies einer Verdoppelung der Patientenzahl. Viele Eltern seien bei Krankheiten ihrer Kinder verängstigt und wollen die Verantwortung ihrem Kinde gegenüber nicht selber tragen, sagt Laube.
Rund 75 Prozent der Behandlungen fallen im Kinder-Notfall in die Rubrik „Bagatelle“. Sowohl im Erwachsenen- als auch im Kindernotfall werden die Patienten bei ihrer Ankunft triagiert: „Um den wirklich kranken Kindern eine gute und schnelle Versorgung zu gewährleisten, müssen weniger kranke Kinder Wartezeiten in Kauf nehmen“, sagt Laube. Das Warten im Notfall könne man somit als gutes Zeichen interpretieren: „Es bedeutet, dass der Zustand eines Patienten nicht kritisch ist.“
Um den Kinder- und Erwachsenennotfall vor einer Überlastung zu bewahren, empfiehlt das KSB der Bevölkerung, bei geringfügigen Leiden und Erkrankungen die ärztliche Notrufnummer Aargau (Tel. 0900 401 501) oder das Beratungstelefon für Kinder- und Jugendnotfälle (Medgate Kids Line, Tel. 0900 131 131) zu konsultieren. Anrufe auf diese Nummern sind kostenpflichtig.
Das Bild zeigt den KSB-Kindernotfall am 26.12.2022 um die Mittagszeit. Die Behandlungs- und Wartezimmer waren zu diesem Zeitpunkt bereits allesamt belegt. Zwischen 8 und 16 Uhr wurden rund achtzig Kindernotfälle behandelt.