Prostata Behandlung HIFU

Unerhört: Mit Ultraschall gegen den Krebs.

Jede Therapie zielt darauf, die von einem Krebs befallene Prostata mit ihren Funktionen zu erhalten. Auch die fokale Behandlung mit hoch intensivem fokussiertem Ultraschall – kurz HIFU. In der HIFU-Therapie wird das Karzinom mittels einer im Enddarm eingeführten Sonde millimetergenau zerstört. Das Kantonsspital Baden gehört zu den ersten Kliniken in der Schweiz, die die neue Technik in ihr Behandlungsangebot aufgenommen hat.

Die Begriffe können verwirren. Darum vorneweg einige Erklärungen: Fokal bedeutet, auf den Tumor konzentriert. Und zwar hochpräzis. HIFU steht für "hoch intensiver fokussierter Ultraschall". Präzis und intensiv: Attribute für eine vielversprechende Therapie im Kampf gegen den Prostatakrebs. Für eine fokale HIFU-Behandlung müssen gewisse Voraussetzungen aber erfüllt sein.

Das Konzept ist logisch und im Prinzip überzeugend. Langzeitdaten gibt es noch keine, jedoch gibt es inzwischen mittelfristige Daten aus England über einen Durchschnittlichen Zeitraum von 5 Jahre (2006-2015, siehe weiter unten). Ob sich das in Langzeituntersuchungen bestätigen wird ist Gegenstand wissenschaftlicher Untersuchungen an denen wir beteiligt sind.

UPDATE: Gemäss der vom Bund herausgegebenen Krankenpflege-Leistungsverordnung wird seit dem 1. Juli 2023 die Behandlung des lokal begrenzten, intermediate-risk Prostatakarzinoms mittels HIFU nach vorgängiger Gutsprache durch den Versicherer in der Leistungspflicht abgedeckt. Gerne übernehmen wir für Sie die entsprechenden administrativen Formailtäten.

Ein ganz neues Verfahren

Für das neue Verfahren in Frage kommen nur Patienten, bei denen sich der Tumor noch innerhalb der Prostatakapsel befindet. Hat der Tumor die Kapsel durchbrochen, braucht es eine andere Therapie. (Sie finden auf den Webseiten der Urologie unter Leistungsangebote weitere Therapieformen.)

Am Anfang stehen die genauen Untersuchungen und Abklärungen. Lautet die Diagnose Prostatakrebs, macht sich der Urologe ein genaues Bild des Tumors und seiner Lage. Am Kantonsspital Baden passiert dies mit modernster Technik. Unter anderem auch mit einer 3-D gesteuerten Prostatabiopsie. Liegen die Gewebeproben vor, kann die Aggressivität des Karzinoms bestimmt werden: Für eine fokale Behandlung mit HIFU braucht es einen möglichst niedrigen Wert auf der nach dem amerikanischen Arzt Dr. Donald Gleason benannten Gleason-Score.

Wirkungsvolle Ultraschallwellen

Ultraschallwellen kann man nicht sehen und nicht hören. Richtig eingesetzt verfehlen sie aber ihre Wirkung nicht. Bei der HIFU-Therapie werden die Wellen gebündelt. Dort, wo die Wellen auf einen Punkt fokussiert sind, entstehen Temperaturen zwischen 85 und 90 Grad Celsius. Davor, dahinter und daneben bleiben die Temperaturen normal. Man darf sich zum Vergleich eine Lupe im Sonnenlicht vorstellen: Die Strahlen brechen sich im Glas und treffen in einem Punkt zusammen, wo sie hohe Temperaturen entwickeln.

Der Tumor wird bei der HIFU-Therapie versengt, richtiggehend verbrannt. Absolut neu ist das nicht. Neu ist die Präzision, mit der dem Krebsgeschwür der Garaus gemacht wird: nur effektiv erkranktes Gewebe wird entfernt. Die Trennung erfolgt messerscharf. Was gesund ist, bleibt erhalten – und damit auch die Funktion des Organs.

Ein neues Gerät – nicht grösser als ein Schülerpult auf Rädern mit Computer und Bildschirmen obendrauf – macht den Eingriff möglich. Dazu gehören ausserdem eine Sonde und gut ausgebildetes Personal. Für die Dauer des Eingriffs wird das Gerät fest mit dem Operationstisch verbunden.

Absolute Massarbeit

Gleich am Anfang der Behandlung – der Patient schläft in Narkose – erstellt der Urologe ein Ultraschallbild der Prostata. Dazu führt er die Sonde rund drei bis fünf Zentimeter rektal ein. Die Computer-Software überlagert das Bild mit der in der Voruntersuchung gemachten Magnetresonanzaufnahme und fertigt daraus ein neues, ein dreidimensionales Bild. Anhand dieser Aufnahme ist der Operateur in der Lage, mit Hilfe des Computers die Felder, die er behandelt haben will, millimetergenau zu bestimmen.

Sind die patientenspezifischen Daten einmal eingegeben, arbeitet das Gerät selbstständig. Aber immer überwacht und kontrolliert. Es ist die gleiche Sonde, mit der die Ultraschallbilder gemacht wurden, die nun die eigentliche Behandlung durchführt. Kommt es zu Abweichungen, bricht das Gerät die Behandlung automatisch ab – und die Sonde wird neu justiert.

Kaum Schmerzen, kurzer Aufenthalt

Der Patient bleibt im Normalfall zwei bis drei Tage im Spital. Schmerzen verspürt er üblicherweise keine, lediglich das Wasserlassen bereitet, weil sich die Prostata durch den Eingriff kurzzeitig etwas vergrössern kann, ab und zu etwas Mühe. Meistens wird ein Katheter gelegt, damit alles in Fluss bleibt. Die Nachsorge verlangt nach regelmässigen Untersuchungen, die aber selten mit grossem Aufwand verbunden sind.

Datenlage

Link auf die Studie: https://doi.org/10.1016/j.eururo.2018.06.006

Bei der HIFU-Therapie handelt es sich um ein relativ neues Verfahren. Deshalb ist Forschung zum Wirkungsnachweis und über das Nebenwirkungsspektrum wichtig. Langzeitdaten sind noch nicht vorhanden. Beim Prostatakarzinom wären Studien mit einem Duchschnittlichen Untersuchungsraum von über 10 Jahren wünschenswert. Aktuell gibt es Daten aus England über einen duchschnittlichen Zeitraum von 5 Jahren.

Link auf die Studie: https://doi.org/10.1016/j.eururo.2018.06.006

Das KSB hat eine offizielle Forschungskollaboration mit dieser Forschungsgruppe aus London, welche durch die zuständige Ethikkommision in der Schweiz bewilligt wurde. Alle wichtigen Daten unserer Patienten (deren Einverständnis vorausgesetzt) fliessen in anonymiserter Form in diese Multizenterstudie in England ein. Diese zeigen für die Gruppe von Prostatakarzinome wie sie bei uns behandelt werden (Gleason Score 7) zeigen diese folgende Resultate:

  • 625 Patienten
  • Zeitspanne: 2006-2015
  • Median follow-up: 56 Monate
  • Kontinenzrate: 98% (ohne Einlagen)
  • Potenzerhalt: 86%
  • Overall Survival nach 5 Jahren: 99%
  • Metastasis free Survival nach 5 Jahren: 99%
  • Failure Free Survival nach 5 Jahren für Gleason-Score 7 Tumore: 87%
  • Failure Free Survival nach 5 Jahren für "intermediate risk" nach D'Amico: 88%
  • Failure Free Survival nach 5 Jahren bei initialem PSA<10ng/ml: 92%
  • Free from repeat HIFU nach 5 Jahren "intermediate risk" nach D'Amico 79%
  • Komplikationen nach Clavien-Dindo Klassifikation:
  • I = 10.4 % (davon Harnwegsinfektionen 8.5%; Nebenhodenentzündungen: 1.9%
  • IIIa = 0.2% (Rectourethrale Fistel; ein Fall von 625 Patienten)
  • IIIb = 9.8 % (Endoskoskpische OP (v.a. TUR-P) in 9.6%; 0.2% Rectourethrale Fistel = ein Fall von 625 Patienten)

Die Studie auf Patienten aufgeschlüsselt: Total 625

Hierzu muss gesagt werden dass sich die folgenden Zahlen auf das gesamte Kollektiv bezieht, darunter sind 86 % der Patienten mit eine Gleason Score von 4+3 und 11 Patienten mit einem Gleason-Score von 8 und mehr. In diesen beiden letzen Kategorien ist das Oucome deutlich schlechter und deshalb unserer Meinung nach nicht für die fokale Therapie geeignet. (am KSB werden in der Regel nur Patienten mit einem Gleason-Score von max. 3+4=7 mittels fokaler HIFU therapiert). Siehe Link zur Studie. Dort finden sie alles Wissenswerte detailliert.

  • in-field Rezidiv: 29 Patienten
  • out-of-field Rezidiv: 16 Patienten
  • in- und out-of-field Rezidiv: 11 Patienten
  • 112 Patienten erhielten eine 2. fokale HIFU
  • 9 Patienten erhielten eine 3. fokale HIFU
  • 8 Patienten erhielten eine radikale Prostatektomie
  • 36 Patienten erhielten eine Radiotherapie
  • 1 Patient erhielt eine Hormonablation
  • 10 Patienten zeigten Metastasen

Link auf die Studie: https://doi.org/10.1016/j.eururo.2018.06.006

Stephanie Guillaumier, Max Peters, Manit Arya, Naveed Afzal, Susan Charman, Tim Dudderidge, Feargus Hosking-Jervis, Richard G. Hindley, Henry Lewi, Neil McCartan, Caroline M. Moore, Raj Nigam, Chris Ogden, Raj Persad, Karishma Shah, Jan van der Meulen, Jaspal Virdi, Mathias Winkler,Mark Emberton, Hashim U. Ahmed

A Multicentre Study of 5-year Outcomes Following Focal Therapy in Treating Clinically Significant Nonmetastatic Prostate Cancer

European Urology; Volume 74, Issue 4, October 2018, Pages 422-429

Kontrollen

Kontrollen sind wichtig. Nur so können wir sicher sein ob der Krebs tatsächlich behandelt wurde und nur so können wir feststellen ob dieser an einer anderen Stelle oder allenfalls an der gleichen stelle wieder kommt. Diese Kontrollen beinhalten neben regelmässiger PSA-Kontrollen insbesondere MRI-Untersuchungen inkl. Durchführung einer Artemis-Fusions-Biopsie der Prostate mindestens nach 6, 12 und 36 Monaten.

Was passiert bei einem Wiederauftreten (Rezidiv) eines relevanten Prostatakarzinoms nach HIFU Behandlung?

In den allermeisten Fällen ist weiterhin eine Behandlung in heilender Absicht möglich. In diesem Falle werden wie vor der Therapie wieder alle Alternativen mit dem Patienten ausführlich besprechen: Radiotherapie, radikale Prostatektomie. In ausgewählten Fällen ist sogar die nochmalige fokale HIFU-Therapie möglich.

Bemerkung:

Es handelt sich hierbei um eine reine Information zu unserem Leistungsangebot. Wir versuchen auf unserer Website Informationen zu komplexen Sachverhalten auf möglichst einfache und verständliche Form zu erklären. Dies erstetzt selbstverständlich nicht das persönliche Gespräch. In unserer Sprechstunde nehmen wir uns sehr gerne Zeit den Patienten alle wichtigen Informationen inklusive Risiken und Nebenwirkungen ausführlich zu erklären.