Die Palliative Care umfasst die Betreuung und Behandlung von Menschen mit unheilbaren Krankheiten. Bei Fragen dazu geben Ihnen die Experten des KSB gerne Auskunft.
zur Palliative CareWieder gesund werden: Dieser Wunsch ist für Patientinnen und Patienten im Spital zentral. In den meisten Fällen können ihn die KSB-Mitarbeitenden erfüllen. Das ist auf der Station 112 der Palliative Care anders: Wer hierhin verlegt wird, leidet an lebensbedrohlichen, unheilbaren oder chronisch fortschreitenden Krankheiten. «Den Wunsch nach Heilung können wir hier leider nicht mehr erfüllen», sagt Annett Ehrentraut, Leiterin Palliative Care am KSB.
Das Ziel des Palliative-Care-Teams ist denn auch ein anderes: «Wir betreuen unsere Patienten nach einem umfassenden Ansatz. Wir versuchen, ihre Schmerzen zu lindern, und die Zeit, die ihnen bleibt, so erträglich wie möglich zu gestalten.» Das Team der Palliative Care kann dafür auf einen grossen Kreis an Spezialisten zählen: Physiotherapeuten und -therapeutinnen gehören ebenso dazu wie Psychologen, Logopäden, Ergotherapeuten, Musiktherapeuten oder Seelsorger.
Bei Palliative Care zählt die Lebensqualität
Annett Ehrentraut fasst das Ziel der Palliative Care mit einem Wort zusammen: «Lebensqualität». Das bedeutet für jeden etwas anderes. Manchmal geht es darum, Symptome wie Übelkeit und Erbrechen zu bekämpfen. Manchmal geht es um Hilfe bei der Entscheidungsfindung der Patienten: Welche Behandlung sollen sie noch beginnen? Wann soll man sie abbrechen?
Viele Probleme und Sorgen der Patienten drehen sich aber um ganz andere Dinge: Kann ich Angehörige, zu denen ich keinen Kontakt mehr hatte, nochmals sehen? Wer kümmert sich in Zukunft um meine Kinder? Wie kann ich meine finanziellen Probleme lösen? «Wir versuchen, die Patienten da abzuholen, wo sie im Moment stehen», formuliert es Stationsleiterin Eveline Dätwyler. «Dabei hilft es, dass wir von verschiedenen Seiten her mit den Patienten in Kontakt treten können. Manche besprechen etwas lieber mit einem Arzt, andere fühlen sich freier im Gespräch mit jemandem vom Pflegeteam.» Oft sind Patienten und Angehörige schon sehr erleichtert, wenn ihnen die KSB-Mitarbeitenden den Verlauf des letzten Lebensabschnitts aufzeigen können.
Hans-Rudolf Räz über Sterben, Konflikte und das Leben
Das Ethikforum des KSB ist ein beratendes Gremium von Spezialisten verschiedener Bereiche: Pflegepersonal, Ärzte, Seelsorger, eine Personalvertreterin. Hans-Rudolf Räz leitet das Ethikforum. Es initiiert und fördert die Diskussion ethischer Fragen. Ausserdem begleitet es Ärzte und Angehörige bei schwierigen Entscheiden.
FAQ
Wir vermitteln vor allem in Konfliktsituationen. Häufig entstehen diese, wenn das Betreuungsteam aus Ärzten und Pflegenden zum Schluss kommt, dass medizinische Therapien den gesundheitlichen Zustand des Patienten nicht mehr verbessern. Dann empfehlen sie, das Therapieziel auf palliativ zu ändern. Damit haben Angehörige oft mehr Mühe als die Betroffenen selbst. Wichtig: Wir fällen keine Entscheide, sondern moderieren die Entscheidungsfindung. Wir sprechen beispielsweise mit Betroffenen oder eben auch Angehörigen über die ausweglose Situation. Wir erklären, dass weitere Therapien mehr schaden als nützen, oder organisieren manchmal auch weitere Spezialisten für eine Zweitmeinung.
Die Wünsche der Sterbenden sind meist bescheiden
Der Gesprächsbedarf von Patienten auf der Station 112 ist meist sehr gross. «Uns geht es darum, ein Vertrauensverhältnis zu den Patienten aufzubauen, damit sie uns sagen können, was sie wirklich bewegt», sagt Annett Ehrentraut. Oft sind es letzte Wünsche, die die Patienten erfüllt haben möchten, bevor sie endgültig gehen. Diese können gewichtig sein, etwa den Partner in letzter Minute heiraten, um ihn abzusichern. In der Regel sind es aber verhältnismässig bescheidene Wünsche: das Haustier nochmals streicheln, die Familie zu einem letzten Fondue-Essen im Spital versammeln, sich von einem Saxofonisten ein bestimmtes Stück spielen lassen, nochmals für ein paar Stunden in die eigene Wohnung zurückkehren, sich an einem schönen Blumenstrauss erfreuen oder sich nochmals die Sonne auf die Haut scheinen lassen.
«Es sind selten völlig exotische Wünsche, die unsere Patienten äussern», berichtet Annett Ehrentraut. «Oft sind es Grundbedürfnisse oder Dinge, die einen hohen emotionalen Wert haben.» Der Geschmack eines bestimmten Gerichts kann Erinnerungen an schöne Momente wecken, eine Aussprache zum Seelenfrieden der Patienten beitragen. «Wir versuchen, möglichst alle Wünsche zu erfüllen», sagt Annett Ehrentraut, «auch wenn es nicht immer leicht ist, etwas in kurzer Zeit zu organisieren.»
Der Blick auf das Leben verändert sich
Was zählt am Ende wirklich? Diese Frage stellen sich auch die KSB-Mitarbeitenden auf der Palliative-Care-Station selbst immer wieder. «Bei der Arbeit hier kann man viel über das Leben lernen», sagt Eveline Dätwyler. «Der Blick auf die Welt und die eigene Endlichkeit verändert sich.» Annett Ehrentraut ergänzt: «Unser Job ist dankbar durch die meist sehr intensive und persönliche Beziehung zu den Patienten.» Wenn auf der Station 112 Wünsche in Erfüllung gehen, treten Schmerzen und die Angst vor dem Tod in den Hintergrund – manchmal werden sie sogar durch ein herzhaftes Lachen von Patienten und Betreuern ersetzt. Wenigstens für den Moment.
Palliative Care am KSB
Text: Patrick Steinemann/Tamara Tiefenauer • Geprüft von: Priska Bützberger, Co-Leiterin Palliative Care und Hans-Rudolf Räz, Chefarzt ad personam Nephrologie/Dialyse