Bei Übergewicht hilft manchmal nur noch eine Operation. Die Spezialisten des KSB-Adipositaszentrums beraten Sie zu möglichen Behandlungen.
Zum AdipositaszentrumMaria (Name geändert) hat sich entschieden. Sie möchte ihr Leben verändern. Einfach eine ganz normale Frau sein. Sie möchte im Kino keine Probleme mehr mit zu engen Sitzen haben, in der Umkleidekabine der Modeboutique nicht mehr in Tränen ausbrechen, im Sommer mit ihrer kleinen Tochter im Badeanzug im Pool planschen. Und vor allem: Sie möchte für ihr Kind auch in Zukunft ein gesundes Mami sein und keine Begleiterkrankungen wie Diabetes Typ 2, Arthrose oder Herz-Kreislauf-Probleme bekommen. Deshalb unterzieht sich die Französin einer Operation des Magens, der sogenannten Sleeve-Gastrektomie (Schlauchmagen).
Vor der Schlauchmagen-Operation nervös, aber glücklich
Ein bisschen nervös sei sie schon, «aber vor allem glücklich», sagt die 39-Jährige. Sie weiss, dass die Operation für sie eine Hilfe zu einem besseren Lebensstil sein wird. Denn: «Es geht mir darum, dass ich nicht nur an Gewicht verliere. Sondern auch, dass ich die Gelegenheit bekomme, wieder richtig essen zu lernen.» Etwas beschämt erzählt die Französin, dass sie – bei einer Grösse von 1,60 Metern, einem Gewicht von rund 107 Kilo und einem BMI von fast 42 – doppelt so grosse Portionen esse wie ihr hochgewachsener Mann. Vorher setze bei ihr einfach kein Sättigungsgefühl ein.
Nach der OP weniger Heisshungerattacken
Doch dies werde sich durch den Eingriff bald ändern, sagt ihr behandelnder Arzt am KSB-Adipositaszentrum, Fabian Deichsel. «Bei der Schlauchmagen-Operation wird der grösste Teil des Magens entfernt, sodass ein schlauchförmiger Restmagen übrig bleibt. Somit können Patienten nur wenig auf einmal essen und fühlen sich schneller satt.» Und weiter: «Gleichzeitig wird durch das Schlauchmagen-Verfahren der Teil des Magens entfernt, in dem das Hormon gebildet wird, das für das Hungergefühl verantwortlich ist. Dadurch haben Patienten zumindest in der ersten Zeit weniger Hungergefühle und seltener Heisshungerattacken.»
Der Schlauchmagen ist nach dem Magenbypass die zweithäufigste Operation, die die Ärzte am KSB bei Adipositas durchführen. Und erst wenn eine Veränderung des Lebensstils inklusive Ernährungsberatung und Physiotherapie keinen langfristigen Erfolg bringt, wird eine Operation zur dauerhaften Gewichtsreduktion in Erwägung gezogen.
Vorbereitung auf den Schlauchmagen
Fabian Deichsel gibt Maria, die mit ihrer Familie erst vor wenigen Monaten aus Frankreich in die Schweiz gezogen ist, wieder Hoffnung. Da sie noch kein Deutsch spricht, wollte sie den Eingriff wegen möglicher Verständigungsschwierigkeiten anfangs lieber in ihrer Heimat durchführen lassen. Nach dem ersten Gespräch am KSB haben sich ihre Bedenken jedoch aufgelöst. «Dr. Deichsel nimmt sich viel Zeit für mich, er geht auf all meine Fragen, Bedenken und Wünsche ein, und das Beste ist: Wir sprechen miteinander Französisch», freut sich die Pariserin. Die Terminvereinbarungen und die Vorbesprechungen der Behandlung mit dem restlichen medizinischen Personal klappen problemlos auf Englisch oder Italienisch.
Adipositas, eine lange Leidensgeschichte
Morgen, so hofft Maria, wird ihr langer Leidensweg endlich ein Ende haben. Dabei war sie nicht immer übergewichtig. Im Kleinkindalter sorgten sich ihre Eltern sogar noch, dass sie zu wenig essen würde. «Meine Eltern erlebten den Zweiten Weltkrieg. Bei ihnen ging es immer darum, genug zu essen zu haben», erzählt Maria. «Deshalb setzte ihnen mein anfängliches spartanisches Essen sehr zu. Als ich im Schulalter irgendwann normal ass, liessen mir meine Eltern allerdings auch bei Süssem alle Freiheiten. Ich konnte direkt vor dem Mittag Kekse reinhauen, alles kein Problem.»
Die erste Diät machte die Marketingmanagerin, als sie im Teenageralter war. Eine sehr einseitige Rohkostdiät, die fast nur aus Rüebli bestand. «Ich glaube, das war der Moment, an dem ich meinen Körper das erste Mal regelrecht tötete», sagt sie rückblickend. Dieser Diät folgten weitere – und damit ein ständiges Auf und Ab der Kilos. «Im Jahr 2007 schaffte ich es einmal, sogar 20 Kilo abzunehmen. Nur um sechs Monate später 40 Kilo mehr drauf zu haben», schildert sie resigniert.
Den Kilos davonradeln
Lediglich während eines längeren Aufenthalts in Los Angeles hatte Maria ein bisschen mehr abgenommen und konnte dieses Gewicht auch über einen längeren Zeitraum halten. «Dort bin ich jeden Tag mit dem Velo der Strandpromenade entlanggefahren.» Aber zurück in Paris legte sie ohne das tägliche Ausdauerprogramm wieder an Gewicht zu. Seither bewegt es sich konstant zwischen 98 und 110 Kilogramm.
Der Traum vom zweiten Kind
Maria will sich endlich wieder wohlfühlen in ihrem Körper und sich bei ihren Alltagsaktivitäten nicht von ihrem Gewicht einschränken lassen. Dabei denkt sie besonders an ihre Tochter. «Ich wünsche mir, dass ich mit ihr ganz normale Dinge unternehmen kann, ohne mich begrenzen zu müssen. Und ich möchte natürlich, dass meine Kleine auch in den nächsten Jahren ein Mami hat, das gesund ist und aktiv an ihrem Leben teilhaben kann.» Denn Maria weiss, dass sie – auch wenn sie momentan noch keine gesundheitlichen Probleme hat – diese mit hoher Wahrscheinlichkeit bald bekommen würde. Auch ihr Mann ist vom Sinn der Magen-OP überzeugt, und dies nicht aus ästhetischen Gründen. «Er liebt mich so, wie ich bin, aber er macht sich Sorgen um meine Gesundheit.» Und noch einen weiteren Traum hat das Paar für sein neues Leben: «Wir hätten später gern noch ein zweites Kind.»
Maria ist sich bewusst, dass es nach der Schlauchmagen-OP in ihrer Hand liegt, das Gewicht langfristig zu halten. Doch mithilfe einer engmaschigen Betreuung am KSB, bestehend aus Ernährungsberatung und Physio-Training, möchte Maria die Chance ergreifen und hofft, es nun endgültig zu schaffen.
Operationen bei Adipositas
Text: Vivien Wassermann • Geprüft von: Fabian Deichsel, Oberarzt Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Gefässchirurgie