Nach der Tastuntersuchung ist die Mammografie, die Röntgenuntersuchung der Brust, die nächste wichtige Abklärungsmöglichkeit. Alle Frauen im Alter über 50 Jahren sollten diese alle zwei Jahre durchführen lassen. Melden Sie sich dazu für die Brustsprechstunde am KSB ab.
Zur BrustsprechstundeErinnern Sie sich an den Tag, als Ihre Frau die Diagnose Brustkrebs erhielt?
Es war kurz vor Weihnachten 2015. Maike hatte eine Unregelmässigkeit in der Brust ertastet und machte einen Termin bei ihrer Frauenärztin ab. Sorgen machte sie sich nicht wirklich. Die Ärztin entnahm eine Gewebeprobe, alles Routine, sie solle sich keine Sorgen machen. Sie würde sich nach den Festtagen melden, falls etwas sein sollte. Weihnachten und Neujahr gingen vorüber – dann kam der Anruf. Wir waren unterwegs und hörten die Nachricht auf dem Beantworter. Maike solle sich bitte melden, es gebe etwas zu besprechen. In dem Augenblick war uns klar: Das ist nicht gut.
Meine Frau fuhr kurz darauf zum Spezialisten, an den uns die Frauenärztin überwiesen hatte. Die Diagnose: triple-negatives Mammakarzinom, ein aggressiver Brustkrebs. Da erst wurde uns so richtig bewusst, dass Maike etwas Schlimmes zugestossen war. Wir hatten Glück im Unglück, dass der Tumor in einem sehr frühen Stadium entdeckt wurde und gute Heilungsaussichten bestanden. Noch am gleichen Tag begann die Behandlungsmaschinerie zu arbeiten.
Was ging in Ihnen vor, als die Diagnose klar war?
Was man sonst nur aus den Medien und vielleicht dem entfernten Bekanntenkreis kennt, wird urplötzlich zum ganz persönlichen Albtraum. Stopp! Aufwachen! Aber es gibt kein Aufwachen, es geht nicht weg. Schockzustand: Wir haben doch erst geheiratet, da sind zwei kleine Kinder, Nina war vier Jahre alt, Noemi zwei. Wir standen beide mitten im Berufsleben – Maike mit einem 60-Prozent-Pensum, ich hatte eine Vollzeitstelle –, das ganze Leben war organisiert. Das darf nicht sein, das kann nicht sein, diese Gedanken rasten immer wieder durch meinen Kopf. Uns brach der Boden unter den Füssen weg. Es dauerte ein paar Tage, bis wir die Nachricht auch nur ansatzweise verdaut hatten. Das war eine sehr emotionale Zeit.
Haben Sie sich auf das vorbereiten können, was auf Ihre Frau zukommen würde?
Wir liessen uns von den Breast Care Nurses beraten. Das interdisziplinäre Team gehört zum zertifizierten Brustzentrum Baden. Dann lasen wir Literatur zum Thema. Darunter waren auch Ratgeber mit Tipps, wie man den Kindern sagt, dass Mama krank ist: Warum ist sie oft so müde? Warum muss sie so oft zum Arzt? Warum fallen ihr die Haare aus? Die jüngere Tochter hat das alles noch nicht richtig mitbekommen. Der älteren Tochter haben wir erklärt, dass Mami wegen der starken Medikamente die Haare ausgehen und sie deswegen eine Perücke oder Kopftücher trage.
Wie hat sie reagiert?
Sie hat das ganz gut aufgenommen; die beiden haben Witze gemacht, als die ersten Auswirkungen der Chemotherapie sichtbar wurden: «Schau, meine Haare sind länger als deine», solche Sachen halt.
Haben Sie mit den Kindern über den Tod gesprochen?
Nein, das haben wir nicht. Wir haben ihnen erklärt, dass Maike krank sei und im Spital behandelt werde. Aber der Tod? Nein, der war kein Thema mit den Kindern.
Aber mit Ihrer Frau schon?
Ja natürlich, der Tod war von einem Tag auf den andern ganz nah, wir haben sehr intensiv darüber gesprochen. «Was machst du denn alleine mit den Kindern?», hat mich meine Frau gefragt. Ich kriege das schon hin, habe ich ihr versichert. Innerlich habe ich geheult, aber mir war wichtig, dass sie weiss: Wenn sie wirklich gehen muss, dann kann sie in Ruhe gehen. «Um mich musst du dir keine Sorgen machen», habe ich ihr immer wieder gesagt. Ich habe mir überlegt, was ich tun würde: Würde ich mit den Kindern zu den Schwiegereltern ziehen, zurück zu meinen Eltern? Sollte ich das eine oder andere Hilfsangebot von Freunden annehmen, zum Beispiel, was die Betreuung der Kinder angeht?
Mit wem haben Sie über die Krankheit gesprochen?
Wir haben mit unseren Eltern und den Geschwistern gesprochen. Von ihnen haben wir grosse Unterstützung erhalten, auch betreffend Kinderbetreuung. Das Organisatorische hat uns sowieso viel abverlangt: Wie regeln wir das mit unseren Jobs? Wann sagen wir es unseren Arbeitgebern? Darüber haben wir schon sehr früh gesprochen.
Die Behandlungen im Überblick
Die folgenden Therapien werden bei einer Krebserkrankung oft ergänzend eingesetzt. Die Kombination und Dauer variiert je nach Krebs.
Und wie haben Sie diese Frage gelöst?
Wir wollten möglichst offen damit umgehen. Von unserer Transparenz erhofften wir uns Verständnis für allfällige Ausfallzeiten.
Hat das geklappt?
Ich hatte grosses Glück, mein Arbeitgeber hat mir viele Freiheiten mit Kompensationen, mit Unter- und Überzeit bewilligt. Es gab sogar Tage, an denen die Arbeit eine echte Erholung und Ablenkung von allem war. Die Arbeit hat eine Distanz geschaffen, die mir gutgetan hat.
Wie waren die Reaktionen aus dem Freundes- und Bekanntenkreis?
Da kamen unzählige Vorschläge und Tipps. Die Unterstützung und die Anteilnahme waren überwältigend. Ich habe wochenlang grüne Smoothies gepresst. (Lacht.)
Und dann kam die Behandlung auf Sie zu. Wie haben Sie das erlebt?
Als Erstes stand für Maike die Chemotherapie an. Ich erinnere mich noch an die leuchtend orange Farbe des Medikaments, das ihr verabreicht wurde: Wir haben gewitzelt, dass sie den Campari Orange jetzt intravenös erhalte. Danach kam die Operation, später die Strahlentherapie. Ein Spiessrutenlauf, vor dem es kein Entkommen gab.
Wie lange hat die Chemotherapie gedauert?
Die Behandlung begann früh im Januar 2016 und dauerte bis in den Juni, in Zyklen von zwei bis drei Wochen. Ich habe Maike jedes Mal begleitet. Das war vor allem am Anfang eine schlimme Erfahrung: all die Frauen zu sehen in den unterschiedlichen Stadien ihrer Therapie, mit Haaren, ohne Haare, schwache Frauen, starke Frauen, verzweifelte Frauen. Das war am Anfang sehr schwer zu ertragen. Humor hat geholfen: «Nimms doch mit Tumor!», damit haben wir uns immer wieder Mut zugesprochen.
Nach der Chemotherapie folgte die Operation.
Zum Termin sind wir gemeinsam gefahren. Nach zwei Stunden kam der Arzt zu mir mit der guten Nachricht: Die Brust blieb erhalten, der Tumor war vollständig entfernt, Metastasen gab es keine. Alles sauber. In diesem Moment hatte ich eine Art Vision: Maikes Tumor war für mich immer ein böses Etwas gewesen, ein schwarzer Klumpen, hart wie Granit. Dieser Klumpen ist an diesem Tag in unzählige Moleküle zerborsten.
Haben Sie alternative Behandlungen ausprobiert?
In der Kerntherapie haben wir der klassischen Schulmedizin vertraut. Diese Krankheit lässt dir keine Wahl. Ergänzend hat Maike auch Traditionelle Chinesische Medizin ausprobiert. Daraus ist sogar eine Freundschaft entstanden – Maike und ihre Therapeutin waren exakt auf der gleichen Wellenlänge. Das hat ihr die Kraft gegeben, neben der Therapie ein Masterstudium in Neuro-Linguistischem Programmieren zu beginnen. Vor kurzem hat sie das Studium abgeschlossen. Die Ausbildung hat sie persönlich unheimlich vorangebracht – und davon profitiere auch ich heute sehr. Ich bin extrem stolz auf sie. Überhaupt haben wir in dieser schweren Zeit gelernt, nicht die Krankheit ins Zentrum zu rücken, sondern die Gesundheit. Wir führen heute unsere Leben viel intensiver als vor der Krankheit, geniessen die Zeit mit den Kindern viel unmittelbarer, ärgern uns viel seltener über Nichtigkeiten als früher. Jetzt, im Nachhinein, muss ich sagen, dass wir ein grosses Stück Lebensqualität gewonnen haben.
Haben Sie sich auch bei «Dr. Google» informiert?
Ich habe schnell gemerkt, dass uns Internetrecherchen nur verrückt machen. Aber wir haben Veranstaltungen besucht, viele Bücher und wissenschaftliche Studien gelesen. Es ist schon auffällig, wie wenig die Wissenschaft trotz der enormen Bemühungen über die Gründe von Krebs weiss. Zur Bewältigung haben andere Dinge geholfen. Einmal haben wir vier Tage lang ein Meditations- und Schweige-Retreat absolviert – eine grossartige Erfahrung. Da haben wir beide viel über uns gelernt, über unsere Ängste, unsere Wünsche, unser Leben überhaupt.
Und wie geht es Ihnen heute?
Ich bin zuversichtlich, obwohl Maike medizinisch noch nicht als ganz geheilt gilt. Jedes Mal, wenn eine Nachuntersuchung ansteht oder eine Unsicherheit auftaucht, halte ich mich an diesem Bild des zersplitternden schwarzen Granitblocks fest. Der hässliche Albtraum ist weg.
Vorsorgeuntersuchungen am KSB
Text und Fotos: Gaston Haas