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Schmerzsprechstunde: Von ???? über ???? zu ????

27. Juni 2024

Niemand mag Schmerzen. Trotzdem erfüllen sie eine wichtige Körperfunktion. Was aber, wenn die Schmerzen permanent da sind oder immer wieder auftauchen? Die Schmerzsprechstunde am KSB kümmert sich um die Ursachen und die Therapie von Schmerzen.

Auch wenn Schmerzen kaum zum Lachen sind: Dieses kurze Filmchen wird Sie bestimmt bestens unterhalten – wie bereits beinahe eine Milliarde Menschen vor Ihnen. Kurz: Ein kleiner Bub steckt seinem noch kleineren Bruder Charlie sein Fingerchen in das frisch bezahnte Mäulchen. Klar, dass der kleine Charlie zubeisst, und wie!

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«Der Film zeigt ganz gut, wie die Umstände die Schmerzgrenze beim grösseren Buben beeinflussen», sagt Andreas Huber, stv. Leiter Schmerztherapie am Kantonsspital Baden. «Man sieht förmlich, wie derselbe Reiz einmal als nicht schmerzhaft, dann aber plötzlich als sehr schmerzhaft empfunden wird.» Vom Lächeln bis zum Weinen, vom leichten Impuls bis zum schmerzverzerrten Gesicht. Aber was ist Schmerz, und kann man Schmerz überhaupt messen?

Sinn und Unsinn von Schmerzen

Muskeln, Kopf, Glieder, Organe: Es gibt kaum etwas im und am menschlichen Körper, das einem nicht weh tun könnte. «Schmerz ist ein Warnsignal des Hirns, um den Körper vor potenziellen Schäden zu schützen oder weiteren Schaden zu vermeiden – das ist sinnvoll», sagt Andreas Huber. Sinnvolle Schmerzen? Klingt nur auf den ersten Blick widersprüchlich. Denn durch den Akutschmerz, den man im Moment eines Schmerzereignisses spürt, zeigt uns der Körper an, dass etwas nicht stimmt, dass wir verletzt oder vielleicht schwer krank sind und uns in Gefahr befinden. Der Klassiker unter den Beispielen ist jenes mit der heissen Herdplatte: Sobald wir diese berühren, leiten spezialisierte Nervenfasern Reize an das zentrale Nervensystem, wir ziehen reflexartig die Hand weg und verhindern so (hoffentlich) Schlimmeres. Ähnlich wie bei Temperaturreizen funktioniert dieses System bei anderen Einflüssen wie Druck, Verletzungen aller Art oder chemischen Reizen.

Sinnlos hingegen sind chronische Schmerzen. Diese halten aufgrund einer Fehlfunktion des zentralen Nervensystems dauerhaft an oder treten wiederkehrend auf. «Dabei werden Reize übersteigert wahrgenommen, die Situation wird vom Hirn falsch interpretiert, und der Patient hat Schmerzen, obschon keine Gefahr besteht.»

Zuweisung Schmerzsprechstunde

Ihr Haus- oder Spezialarzt überweist Sie bei Bedarf in die Schmerzsprechstunde am KSB. Erfahren Sie, welche Krankheitsbilder in der ambulanten Schmerzsprechstunde abgeklärt und behandelt werden können.

Und wie stark sind denn nun die Schmerzen?

Jede Schmerzwahrnehmung ist subjektiv. Dahinter steckt ein komplexes System, das von Patient zu Patient verschieden ausgebildet ist. Die Funktionalität des Nervensystems hat beispielsweise einen Einfluss aufs Schmerzempfinden, aber auch äussere Einflüsse wie eigene Erfahrungen, Emotionen und Ängste spielen eine Rolle. «Für uns in der Schmerztherapie ist Schmerz im Grunde das, was der Patient uns sagt, und dieser Schmerz besteht so lange, wie ihn der Patient wahrnimmt», sagt Andreas Huber. Schmerz kann also kaum objektiv gemessen werden, wichtig sind die Schilderungen der Patienten. Dabei kommt beispielsweise die Schmerzskala zum Einsatz, auf der der Patient seine Schmerzen anhand von Zahlen oder Gesichtern einordnet. Dadurch sehen die Ärzte bei jeder weiteren Behandlung, wie sich die Situation entwickelt hat und ob die eingeschlagene Therapieform wirkt. So unterschiedlich die Wahrnehmung ist, so verschieden sind auch die Ursachen von chronischen Schmerzen, die oftmals kaum mehr gänzlich nachzuzeichnen sind. Trotzdem: Das Ziel der Schmerzsprechstunde am KSB ist es, jedem Detail auf den Grund zu gehen, sodass aus einem schmerzverzerrten wieder ein lächelndes Gesicht wird.

«Jeder Patient ist für uns glaubwürdig»

Herr Huber, wer kommt zu Ihnen in die Schmerzsprechstunde?

Das ist ganz unterschiedlich. Wir haben viele Rückenschmerzpatienten oder solche mit chronischen Schmerzen nach Unfällen oder Operationen. Auch Menschen, die an Ganzkörperschmerzen leiden, wie zum Beispiel bei der Fibromyalgie. Zuerst geht es jeweils darum, den Patienten vollumfänglich zu befragen. Was schmerzt und seit wann? Oder wann treten die Schmerzen auf, und wie stark sind sie? Wichtig ist auch zu wissen, was bereits unternommen und ausprobiert wurde, um die Schmerzen in den Griff zu kriegen.

Wie sehen mögliche weitere Schritte aus?

Nach der Diagnose geht es darum, die passenden Therapieformen zu finden. Diese reichen von Physio- und Ergotherapie über medikamentöse Behandlungen und Spritzen bis zu psychologischer Betreuung. Oder vielleicht ist sogar ein chirurgischer Eingriff nötig. Unsere Patienten kommen mehrfach zur Schmerzsprechstunde, sodass wir allenfalls die Therapiemassnahmen anpassen können.

Da Schmerzen sehr subjektiv wahrgenommen werden: Gibt es Patienten, die Angst haben, man könnte ihre Schmerzen nicht ernst nehmen?

Etwa jeder dritte Patient mit chronischen Schmerzen hat diese Bedenken. Es kann sein, dass diese Leute einen langen Leidensweg hinter sich haben, falsch oder gar nicht behandelt wurden oder durch ihr Umfeld verunsichert sind. Bei uns in der Schmerzsprechstunde werden alle Menschen ernst genommen. Jeder Patient ist für uns in jedem Fall glaubwürdig.


Text: Luk von Bergen • Geprüft von: Andreas Huber, stv. Leiter Schmerztherapie

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