Sie haben Ihr Kind in der Frühschwangerschaft verloren und möchten es im KSB-Park beisetzen lassen? Oder Sie möchten sich bei einer Schwangerschaft nach vorausgegangener Fehl- oder Totgeburt gut betreut wissen? Wenden Sie sich einfach an unsere Gebärabteilung, Telefon +41 56 486 35 91 oder gebaerabteilung@ksb.ch
Zur GebärabteilungIm Fall einer Totgeburt oder bei einem Baby, das kurz nach der Geburt sterben wird – wie begleiten Sie betroffene Familien?
Bei der Feststellung fehlender Herztöne bricht für die Eltern eine Welt zusammen. Die Ärzte müssen die traurige Nachricht den Eltern in Anwesenheit der Hebamme mitteilen. Hier gilt es, möglichst viel Ruhe und Zeit reinzubringen, denn die nächsten Schritte eilen nicht. Bei einer Diagnosestellung im Rahmen vorgeburtlicher Untersuchungen beginnt die Betreuung durch unser interdisziplinäres Netzwerk deshalb bereits bei der Diagnose.
Inwiefern?
So unterstützen wir beispielsweise Eltern, wenn sie entscheiden müssen, ob eine Schwangerschaft weiter ausgetragen werden soll oder nicht. Wir koordinieren uns in allen Fällen interdisziplinär sehr eng unter Einbezug des psychologischen Dienstes, der Fachärzte, der Pflege, der Hebammen und der Seelsorge.
Eine Geburt ist unter normalen Umständen bereits eine grosse körperliche und mentale Herausforderung für eine Frau. Wieso raten Sie auch bei einer Totgeburt meistens zu einer vaginalen Geburt?
Im ersten Moment nach der Diagnose äussern viele Frauen, aber vor allem auch die Väter den Wunsch nach einer Geburt per Kaiserschnitt. Diese Äusserung geschieht jedoch häufig aus dem Schockzustand heraus. Diese Entscheidung sollte man für die spätere Verarbeitung besser nicht aus einem Notfallmechanismus heraus treffen. Auch könnte es im Fall einer schnellen Folgeschwangerschaft eher zu Komplikationen nach einer erst kürzlich erfolgten Sectio kommen. Und auch für den Trauerprozess ist eine vaginale Geburt besser. Wenn allerdings das Leben der Mutter in Gefahr ist, wird selbstverständlich ein Kaiserschnitt gemacht. Ansonsten gibt es keine medizinische Dringlichkeit, das Kind sofort auf die Welt zu bringen.
Möchten viele Betroffene die Geburt nicht einfach schnellstmöglich hinter sich bringen?
Für manche mag zwar eine möglichst zeitnahe Geburt stimmen, weil sie es schnell hinter sich bringen wollen. Andere brauchen hingegen mehr Zeit für ihre Entscheidung. Es sollte zumindest genügend Zeit bleiben, um in Ruhe über die Möglichkeiten des Begrüssens und Abschiednehmens zu informieren, bevor man die Geburt medikamentös einleitet. Oftmals braucht das Paar auch erst einmal Zeit, die Fakten überhaupt zu realisieren. Man darf nicht vergessen, dass dies Momente und Erinnerungen sind, die nie wiederkommen werden.
Inwiefern unterscheiden sich diese Geburten von Lebendgeburten?
Zum Teil sind Geburten, bei denen das Baby bereits vorher im Mutterleib verstorben ist, viel ruhiger. Meist wird man als Aussenstehender aber auch gar nicht wissen, dass es einen Unterschied gibt. Denn der Körper sendet die gleichen Hormone aus, ob das Kind lebt oder nicht. Es ist in solchen Fällen allerdings besonders wichtig, dass man vorher die Einzelheiten der Geburt in Ruhe besprechen kann. Zum Beispiel die Fragen: «Wie möchte ich das Kind begrüssen? Wie möchten wir Abschied nehmen?» Wenn das Baby schliesslich auf der Welt ist, legen wir im Anschluss Wert darauf, dass man auch das engere Umfeld, wie die Geschwister und Grosseltern, einlädt – sofern die Eltern dies möchten. Somit hat die Familie eine gemeinsame Erinnerung, und alle spüren, dass das Kind wirklich da gewesen ist. Insbesondere den Geschwisterkindern hilft dies, zu verstehen, warum ihre Eltern so traurig sind. Das macht den Tod für alle fassbarer.
Von Windei bis Totgeburt
Verhaltene Fehlgeburt (missed abortion): In der Ultraschallkontrolle wird festgestellt, dass das Baby gestorben ist, da es keinen Herzschlag mehr gibt oder sich das Baby nicht weiterentwickelt hat. Äusserliche Zeichen, wie eine Blutung, gibt es nicht.
Windei (Windmole): Im Ultraschall wird eine leere Fruchtblase ohne kindliche Anteile festgestellt. Ein Windei entsteht, wenn sich die befruchtete Eizelle nicht normal entwickelt hat oder wenn sich das Kind bereits in einem sehr frühen Stadium nicht weiterentwickelt hat.
Auf welche Art können die Eltern von ihrem Kind Abschied nehmen?
Vor der Geburt besprechen wir verschiedene Möglichkeiten, wie wir Erinnerungen schaffen können. Wir haben hierbei viele Möglichkeiten, je nach Wunsch der Frau und des Paares. Zum Beispiel Fotos, Fuss- und Handabdrücke, Gipsabdrücke der Hand oder eines Fusses und vieles mehr. Die Eltern von Kindern, die in der Schweiz nach der 22. Schwangerschaftswoche geboren wurden, müssen sich zudem überlegen, wie und wo sie ihr Kind beisetzen möchten.
Und wie ist dies bei früh verstorbenen Kindern?
Ein Kind, das vor der 22. Schwangerschaftswoche geboren wird, ist nicht meldepflichtig. Das heisst, es gibt keine Vorgaben bezüglich einer Beisetzung oder Beerdigung. Am KSB bieten wir betroffenen Familien die Möglichkeit, die Asche ihrer früh verlorenen Kinder in unserer Gedenkstätte im Spitalpark beizusetzen. Viermal im Jahr werden die Kinder kremiert und anschliessend bei einer Abschiedsfeier, gestaltet von einer Seelsorgerin, Hebammen und Pflegefachfrauen, beigesetzt. Eine solche Gedenkstätte auf dem Spitalgelände ist einmalig in der Schweiz.
Ereignen sich spontane Fehlgeburten oft ausserhalb des Spitals?
Auch für Frauen, die ihr Kind zuhause verloren haben, besteht die Möglichkeit einer Beisetzung in der Gedenkstätte am KSB. Hier dürfen sie sich gern in der Gebärabteilung melden.
Wie verarbeiten Sie selbst solche besonderen Geburten?
Ich begleite Familien gern durch schwierige Situationen, deshalb empfinde ich es als eine sehr dankbare Arbeit. Was man oft vergisst: Tod und Geburt liegen eng zusammen. Wenn man allerdings selbst Angst vor dem Tod hat, wird die Auseinandersetzung damit schwieriger. Deshalb sprechen wir uns im Team ab, wer eine betroffene Frau betreuen mag. Denn auch unsere eigene Psychohygiene darf dabei nicht zu kurz kommen. Es gibt einen regen Austausch mit der Seelsorge, Psychiatern oder den betreuenden Ärztinnen und Ärzten. Ausserdem haben wir jederzeit die Möglichkeit für interne Nachgespräche, auch psychologische Hilfe dürfen wir in Anspruch nehmen. Mir selbst tut es gut, wenn ich mit Kolleginnen darüber spreche. Auch meiner besten Freundin, die selbst nicht im Spital tätig ist, schildere ich oft, was mich beruflich beschäftigt. Natürlich darf die Arbeit nicht so nah an einen rankommen, dass es einen im Alltag behindert. Aber zumindest doch so nah, dass ich zuhause mal eine Kerze für die betroffenen Familien anzünde. Denn kalt lässt mich eine Totgeburt nie.
Sehen Sie manche Familien im Fall einer erneuten Schwangerschaft wieder?
Das ist individuell ganz unterschiedlich. Es gibt viele Frauen, die gern zu uns zurückkommen, weil sie sich sagen: «Ich fühlte mich damals so gut betreut und aufgefangen, da weiss ich uns in guten Händen.» Auch sind sie froh, wenn sie ihre Geschichte nicht noch einmal erzählen müssen, da das Team der Geburtshilfe sie bereits kennt. Zudem kann eine gemeinsame Erinnerung auch verbinden. Ich war als Hebamme ja Zeitzeugin ihres Kindes, das nur kurze Zeit oder gar nicht gelebt hat. Eine Erfahrung, die viele ihrer Familienmitglieder nicht hatten. Und dies verbindet uns mit den Eltern auf eine besondere Art.
Gedenkstätte für früh verlorene Kinder am KSB
Text: Vivien Wassermann • Geprüft von: Felicia Burckhardt, Fachexpertin Gebärabteilung