Zurück zur Startseite
Zurück zur Startseite

Was Menschen am Lebensende bereuen

29. Dezember 2025

Wenn das Ende naht, rückt das Wesentliche in den Vordergrund. In der Palliative Care am KSB erzählen Patientinnen und Patienten, was sie im Leben wirklich bereuen. Acht Sätze tauchen dabei immer wieder auf – und regen zum Nachdenken an.

«In diesen Gesprächen zeigt sich, wie sehr Menschen am Ende ihres Lebens nach innerem Frieden und Versöhnung suchen», sagt Meng Monfregola, Leiterin der Palliative Care am KSB. Gemeinsam mit Andrea Schneider, Fachspezialistin für Palliative Care, spricht sie über die häufigsten Lebensthemen, die unaufgelöst bleiben.

«Ich habe zu viel gearbeitet und das Leben zu wenig genossen.»

In der Rückschau wird oft bedauert, dass Arbeit so viel Raum eingenommen hat – zulasten von Familie, Freundschaften und Lebensfreude. «Viele unserer Patientinnen und Patienten sagen: Ich habe funktioniert, aber nicht wirklich gelebt», erzählt Andrea Schneider. «Das tägliche Hamsterrad hat ihnen das Gefühl gegeben, nie genug zu leisten – bis eben der Körper sie zum Innehalten zwang.»

«Hätte ich doch nie mit dem Rauchen angefangen.»

Das Thema Rauchen taucht häufig auf, vor allem bei Menschen mit Lungenerkrankungen oder Krebs. «Der Satz ‹Ich war so dumm› fällt erstaunlich oft», berichtet Andrea Schneider. «Es geht nicht um Schuldzuweisungen, sondern um das Bewusstsein, dass die eigene Gesundheit durch eine vermeidbare Gewohnheit beeinträchtigt wurde.»

«Wir wollten doch noch einmal zusammen Ferien machen …»

Geplante Reisen, gemeinsame Zeit – vieles wird auf später verschoben. Doch manchmal kommt dieses «später» nie. «Menschen merken zu spät, dass Erlebnisse mehr zählen als Besitz», berichtet Andrea Schneider von ihren Erfahrungen. «Sie hätten sich gewünscht, einfach öfter mal loszufahren, auch wenn nicht alles perfekt geplant war. Damit hadern besonders viele Patientinnen und Patienten.»

«Wir hätten den Streit beilegen sollen.»

Ungelöste Konflikte wiegen am Lebensende schwer. Der Wunsch nach Versöhnung ist gross, aber oft fehlen der Mut oder die Gelegenheit. «Es ist traurig, wenn jemand sagt: ‹Ich wollte mich noch versöhnen›», sagt Meng Monfregola. «Wir sprechen, das Unausgesprochene an. Manchmal fasst der Betroffene dann auch den Mut, den Kontakt noch einmal herzustellen, aber das gelingt nicht immer.»

Meng Monfregola Portrait

«Es ist traurig, wenn jemand sagt: ‹Ich wollte mich noch versöhnen›.»

Dr. Meng Monfregola

Leiterin der Palliativstation

«Ich habe die Finanzen nicht geregelt.»

Das Fehlen eines Testaments oder Vorsorgeauftrags führt bei Betroffenen und Angehörigen oft zu zusätzlichem Stress. «Manche verdrängen dieses Thema aus Angst vor dem Tod», erklärt Andrea Schneider. «Doch es kann sehr entlastend sein, Verantwortung zu übernehmen und Klarheit zu schaffen – auch für die Angehörigen. Wir im KSB weisen in der Palliativ-Sprechstunde auf das Testament und den Vorsorgeauftrag hin und beraten in der gesundheitlichen Vorsorge wie der Patientenverfügung.»

«Warum habe ich nie geheiratet?»

Auch der Wunsch nach lebenslanger Bindung kann ein Thema sein. Das gilt vor allem für Patientinnen und Patienten, die aus Angst oder Unsicherheit auf eine Ehe verzichtet haben. «In der Rückschau erkennen manche, dass sie sich aus falscher Rücksicht selbst im Weg standen», sagt Meng Monfregola. «Das Bedauern gilt nicht nur der fehlenden Zeremonie, sondern dem Gefühl, etwas verpasst zu haben.»

«Ich habe nie den Beruf gelernt, den ich wirklich wollte.»

Pflichtgefühl, gesellschaftliche Erwartungen oder Ängste hinderten viele daran, ihrem Herzen zu folgen. «Einige erzählen mit leuchtenden Augen von ihren Jugendträumen. Sie wollten Schauspielerin, Schreiner, Hebamme werden», erzählt Andrea Schneider. «Es tut weh, wenn sie merken, dass sie ihr Potenzial nie entfalten durften.»

Andrea Schneider Portrait

«Viele unserer Patientinnen und Patienten sagen: Ich habe funktioniert, aber nicht wirklich gelebt.»

Andrea Schneider

Fachspezialistin Palliative Care

«Ich hätte mehr mit meiner Familie sprechen sollen.»

Familiäre Spannungen, unausgesprochene Worte, vieles bleibt ein Tabu. «Es ist ein grosser Schmerz, wenn Menschen das Gefühl haben, sich nicht geöffnet oder wichtige Themen nicht angesprochen zu haben», sagt Meng Monfregola. «Oft geht es um Anerkennung, Liebe, auch Vergebung.» Andrea Schneider betont: «Wir können viel von Menschen am Lebensende lernen. Sie erinnern uns daran, was wirklich zählt: Beziehungen, Emotionen und bewusste Entscheidungen.»


Text: Simon David • Geprüft von: Dr. Meng Monfregola