Sie erwarten ein Kind und sind an einer hebammengeleiteten Geburt oder an der Betreuung durch eine Beleghebamme interessiert? Erfahren Sie mehr über die Geburt am KSB oder vereinbaren Sie einen Termin. Telefon +41 56 486 35 81 gebaerabteilung@ksb.ch
Jetzt kontaktierenEs ist halb fünf Uhr morgens, als Bernadette Bandlow, Beleghebamme am KSB, vom Klingeln ihres Handys aus dem Schlaf gerissen wird. Die hochschwangere 31-jährige Flavia ist am Telefon. Sie erwartet ihr zweites Kind. «Die Wehen sind sehr stark und regelmässig», sagt Flavia. Sofort ist die erfahrene Hebamme hellwach. «Alles klar, macht euch in Ruhe auf den Weg ins Spital», antwortet Bernadette. «Wir treffen uns dort.»
Beleggeburt im Spital – natürlich und sicher
Bernadette springt noch schnell unter die Dusche und fährt dann mit ihrem Mini Cooper zum KSB. Als sie im Spital ankommt, treffen auch schon die werdenden Eltern ein. Sie freuen sich, dass es sieben Tage nach dem errechneten Geburtstermin nun endlich so weit ist. Auch Bernadette teilt die Vorfreude mit dem jungen Paar. Zwar ist es für sie Routine, Kinder und Eltern während der Geburt zu begleiten. Und doch ist jede Geburt anders. «Immer wieder ein neues Wunder», sagt sie. An den Beleggeburten schätzt Bernadette ganz speziell, dass sie bereits vor der Entbindung eine Beziehung zu den werdenden Eltern aufbauen konnte.
Die persönliche Nähe und Vertrautheit zu ihrer Hebamme war für Flavia einer der Gründe, sich für eine Beleggeburt zu entscheiden. «Eigentlich hatte ich mit einer Hausgeburt geliebäugelt», sagt die gebürtige Badenerin. «Doch meinem Mann war es sehr wichtig, dass für mein Baby und mich – sollte es die Situation erfordern – sofort medizinische Hilfe bereitstünde. Somit entschieden wir uns für eine hebammengeleitete Beleggeburt am Kantonsspital Baden.» Flavia wird entsprechend nicht nur während der Geburt, sondern auch an den Vorsorgeterminen und im anschliessenden Wochenbett von «ihrer» Hebamme betreut. Sogar im Fall eines medizinisch notwendigen Kaiserschnitts wäre Bernadette als Beleghebamme die ganze Zeit über im Operationssaal dabei.
Hebammengeleitete Geburt
Bei der hebammengeleiteten Geburt wird die werdende Mutter kontinuierlich von einer Hebamme begleitet. Diese betreut sie individuell und eigenständig während der Geburt und mit Unterstützung der Wochenbettpflege im Wochenbett. Bei unerwarteten Komplikationen stehen rund um die Uhr erfahrene Ärzte bereit. Erfahren Sie mehr über die hebammengeleitete Geburt am KSB.
Ohne Arzt gebären
Rückblick, fünf Wochen zuvor: Flavia ist mit ihrem Mann zur Schwangerschaftsvorsorge ans KSB gekommen. Der erste Kontakt mit Bernadette hatte bereits stattgefunden. Heute geht es im Informationsgespräch darum, ob die Geburt auch im Rahmen einer sogenannten hebammengeleiteten Geburt stattfinden kann. Dies ist eine Geburt ohne medizinische Interventionen, eigenständig betreut durch eine Hebamme – lediglich am Ende kommt noch eine zweite Hebamme hinzu anstelle des sonst üblichen Arztes. Sollte es die Situation erfordern, kann während der Geburt ins reguläre «Arzt-Hebammen-Modell» gewechselt werden. Eine hebammengeleitete Geburt kann auch von Frauen ohne Beleghebamme gewählt werden. Voraussetzung hierfür ist, dass die Schwangere bei guter Gesundheit ist, die Schwangerschaft ohne Komplikationen verläuft und das Kind in Schädellage liegt und ebenfalls gesund ist.
All dies klärt Bernadette heute per Checkliste ab und kreuzt bei den Fragen nach Vorerkrankungen, Allergien, Diabetes und Komplikationen bei vorausgegangener Geburt «Nein» an. Auch Flavias erste Geburt besprechen die beiden noch einmal.
Immer am gleichen Ort – egal, was passiert
Anschliessend klärt Bernadette Flavia über das Angebot an komplementären Schmerzmitteln während der Geburt auf. Denn bei einer hebammengeleiteten Geburt sind Schmerzmedikamente in die Vene oder eine Periduralanästhesie (PDA) nicht möglich. Aber: «Du kannst auf Homöopathie, Schüssler-Salze oder Akupunktur zurückgreifen», erläutert die Hebamme. «Auch ein Schmerzzäpfchen oder Lachgas seien Möglichkeiten zur Schmerzlinderung.» Zudem könne sie, falls die Schmerzen doch nicht tolerierbar seien, immer noch auf eine PDA ausweichen, sofern die Geburt noch nicht zu weit fortgeschritten sei. «Der Vorteil der hebammengeleiteten Geburt im KSB ist, dass wir, egal was passiert, immer im gleichen Gebärsaal bleiben und einfach ins Arzt-Hebammen-Modell wechseln können», so Bernadette. «Bei uns ist alles am gleichen Ort.»
Andere Länder, andere Geburten
Das junge Paar ist zufrieden, dass einer hebammengeleiteten Geburt mit ihrer Beleghebamme nun nichts mehr im Wege steht. «Eine Geburt ist ja etwas ganz Natürliches. Jetzt ist es fast wie im Geburtshaus», freut sich Flavia. «Mit der Sicherheit eines Spitals», ergänzt ihr Mann Vinicius, ein gebürtiger Brasilianer. «Die perfekte Zwischenlösung für uns.» Er ist dankbar dafür, dass seine Frau hierzulande die Geburt bekommt, die sie sich wünscht. Denn er weiss, dass es auch ganz anders gehen kann. «Mein Vater und meine Schwester sind Gynäkologen in Brasilien», erzählt er. «Dort ist ein Kaiserschnitt bei der Geburt leider gang und gäbe. Sie haben dort einfach zu wenig Zeit, eine natürliche Geburt zu begleiten. Meine Schwester sieht das sehr kritisch, aber sie hat als Gynäkologin leider keine andere Wahl in diesem System.»
Geburt mit einer Beleghebamme
Das KSB bietet werdenden Eltern die Möglichkeit an, mit einer Beleghebamme zur Geburt zu kommen. Eine Beleghebamme ist eine Hebamme, die die werdende Mutter während der Schwangerschaft, bei der Geburt im Spital und danach im Wochenbett zu Hause betreut. Somit steht der Schwangeren die vertraute Hebamme in allen Phasen rund um die Geburt zur Seite. Erfahren Sie mehr über dieses Angebot.
Die Wehen auf natürliche Weise fördern
Wenn der planmässige Entbindungstermin vorüber ist, werden die Schwangeren alle drei Tage von ihrer Beleghebamme im Spital untersucht. Per CTG kontrolliert Bernadette bei Flavia heute die Herztöne des Babys, per Ultraschall überprüft die diensthabende Ärztin die Fruchtwassermenge. Nach der Überwachung der Vitalzeichen und der Urinkontrolle tastet Bernadette den Bauch ab und kontrolliert die Lage des Babys. Um sechs Tage hat Flavia nun den geplanten Geburtstermin überschritten. Bernadette informiert sie deshalb über die Möglichkeiten, die die Geburt auf natürliche Weise fördern. «Um die Wehen anzuregen, bieten sich Schüssler-Salze und Homöopathie an, auch Wehentee oder ein Einlauf wirken fördernd. Eine mechanische Art der Wehenförderung ist die Eipollösung. Hierbei massiert die Hebamme den Muttermund mit dem Finger.»
Flavia entscheidet sich für einen Einlauf und nimmt zusätzlich Globuli – mit Erfolg. Wieder zu Hause angekommen, verspürt sie am Nachmittag bereits stärkere, wenn auch unregelmässige Wehen. Um vier Uhr morgens ist an Schlaf schliesslich nicht mehr zu denken. Die Wehen sind nun stark und regelmässig. «Ich wollte meinen Mann wecken, doch das brauchte ich gar nicht. Denn er sass bereits im Wohnzimmer und schaute ein Fussballspiel von Brasilien», lacht Flavia. Schnell werden die Grossmutter der knapp dreijährigen Tochter Juliana sowie Bernadette verständigt. Und dann: auf in die Geburtsklinik.
«Wo ist die Kaffeemaschine?»
5.30 Uhr: Ankunft im KSB. Zuerst legt Bernadette der Gebärenden das CTG an. Danach nimmt sie Blut ab, um den Hämoglobinwert noch einmal zu kontrollieren, und untersucht, wie weit der Muttermund schon geöffnet ist. Anschliessend lässt sie Wasser in die Gebärwanne ein. Flavia sitzt währenddessen auf dem Gymnastikball. «Du machst es genau richtig mit dem Veratmen der Wehen», ermuntert sie Bernadette. Als die Wanne vollgelaufen ist, steigt Flavia vorsichtig hinein. Sie merkt, wie gut ihr das warme Wasser tut. Vinicius sitzt neben der Wanne und streichelt seiner Frau liebevoll die Schulter. In den Wehenpausen reicht er ihr Wasser. Er ist ein besonnener, entspannter Vater, der für seine Frau da ist und sie unterstützt. Bernadette hat da schon andere Männer erlebt. «Wie lange dauert es noch?» und «Wo ist die Kaffeemaschine?» zählen zu den Sprüchen von werdenden Vätern, die sie am häufigsten hört.
Willkommen, kleiner Nuno!
6.50 Uhr: Die Fruchtblase springt. Im Vierfüsslerstand kniet Flavia in der Wanne. «Ich kann schon das Köpfchen spüren, gleich ist es geschafft», sagt Bernadette. Erleichterung, auch beim Vater. Nun, in der letzten Phase, ruft sie, wie bei der hebammengeleiteten Geburt üblich, eine zweite Hebamme hinzu. Dann greift Bernadette hinter Flavia ins Wasser. Obwohl sie ausserhalb der Wanne steht, ist ihr Shirt mittlerweile fast komplett durchnässt. «Nur noch atmen, damit das Köpfchen langsam geboren wird», sagt sie zu Flavia. Diese folgt so gut es geht den Anweisungen ihrer Hebamme, atmet – und schon gleitet das Baby ins Wasser. Ein Bub! Vorsichtig gibt die Hebamme das Baby zwischen den Beinen zu Flavia durch, sodass die frischgebackene Mama ihr Kind zu sich nehmen kann. Flavia hebt ihn aus dem Wasser heraus – da ist er, der ersehnte Schrei –, um ihn dann auf ihre Brust zu legen. Mit grossen dunklen Augen schaut der kleine Bub seine Eltern an. Willkommen, kleiner Nuno!
Endlich zu Hause
Im Anschluss an den Spitalaufenthalt stehen Müttern und ihren Babys Wochenbettbesuche durch die Hebamme zu. Heute, 14 Tage nach Nunos Geburt, kommt Bernadette wieder einmal zur Nachsorge bei Flavia in Lengnau vorbei. Mutter und Kind geht es gut, Flavia hat nur wenige Fragen. Zuerst steht aber das Wiegen auf dem Programm. Vorsichtig streift die Beleghebamme Nuno den Body über den Kopf. «Sein Nabel sieht gut aus», sagt sie zufrieden.
Bernadette legt ihn danach nur mit einer Windel bekleidet ins Wiegetuch. «Bis zum 14. Lebenstag sollte das Neugeborene sein Geburtsgewicht wieder erreicht haben, deshalb sind die regelmässigen Gewichtskontrollen so wichtig», erklärt sie. Nuno wog bei seiner Geburt stolze 4210 Gramm. Umso überraschter sind Mutter und Hebamme nun beim Blick auf die Anzeige der Waage: Schon 4620 Gramm! «Das liegt hoffentlich nicht nur an seiner Verstopfung», scherzt Flavia. Bernadette streicht prüfend mit der Hand über sein Bäuchlein. «Ja, man merkt schon, dass ihm die Verdauung ein wenig zu schaffen macht. Weint er denn viel?», fragt sie. «Nein, das nicht. Er drückt halt viel, aber weint eigentlich nicht. Er hat eben selten Stuhlgang in der Windel», so Flavia. Doch Bernadette kann sie beruhigen: «Das ist bei gestillten Neugeborenen nicht schlimm. Ob einmal pro Woche oder zehnmal am Tag – alles ist bei den Kleinen normal, wenn sie nur mit Muttermilch ernährt werden.» Sie zeigt Flavia daraufhin Massagegriffe gegen das Bauchweh. «Ausserdem würde ich bei deiner eigenen Ernährung darauf achten, nichts Blähendes zu essen und auch probehalber gänzlich auf Milchprodukte zu verzichten.»
Beleghebammen: Paare beim Elternsein begleiten
«Puh, das ist eklig!», ruft Juliana, die stolze grosse Schwester, plötzlich aus. Motiviert hatte sie gerade noch das Säuberungstuch ins Wasser getaucht, nun ist ihr der Windelbereich ihres Bruders doch etwas suspekt. Sie beginnt lieber, Holzglacen am Stiel aus ihrer Spielzeugkiste an Flavia und Bernadette zu verteilen.
Als Nuno wieder angezogen ist, kontrolliert Bernadette noch Flavias Bauch. «Drei bis vier Wochen nach der Geburt sollte die Gebärmutter wieder hinter dem Schambein verschwunden sein», erklärt sie. «Sie ist bei dir jetzt schon kaum noch spürbar. Also alles tipptopp!» Eine halbe Stunde ist inzwischen verstrichen. Zeit für Bernadette, sich für heute zu verabschieden. «Paare nicht nur während der Geburt, sondern auch in der Schwangerschaft und beim Elternsein ein Stück weit begleiten und unterstützen zu können, macht meinen Traumberuf aus», sagt sie. Und schon flitzt sie mit ihrem Mini Cooper Richtung Baden zu einer anderen jungen Familie.
Geburtshilfe am KSB
Text: Vivien Wassermann • Geprüft von: Bernadette Bandlow, Hebamme