In welchem Rhythmus soll ich fasten? Und falls das nichts für mich ist: Wie halte ich ein gesundes Gewicht? Die Ernährungsberatung am KSB Ihnen gerne weiter.
Zur ErnährungsberatungBeim Intervallfasten zählt man nicht Kalorien, sondern Stunden. Während täglich acht Stunden darf man essen, so viel man will – den Rest des Tages fastet man. 16 Stunden lang nichts essen? Klingt hart, ist aber eigentlich ein Klacks. Denn die Hälfte dieser 16 Stunden verschläft der Mensch. Und als wir noch in Höhlen lebten und unsere Nahrung selbst beschaffen mussten, stand das Mittagessen auch selten pünktlich um 12 Uhr auf dem Tisch. Unser Körper hat sich also über Jahrhunderttausende an längere Phasen des Nahrungsentzugs angepasst. So senkt er als Reaktion auf eine reduzierte Kalorienzufuhr einfach den Energiebedarf.
Das hat heute allerdings einen Haken: Isst man nach einer Diät wieder normal, führt das häufig zu einer Gewichtszunahme – dem bekannten Jojo-Effekt. Beim Intervallfasten, auch intermittierendes Fasten genannt, scheint der Energiebedarf hingegen nicht zu sinken, und der Gewichtsverlust bleibt deshalb nachhaltig. Diesen Effekt kennt Michelle Egloff, Leitende Ärztin für Diabetologie und Endokrinologie am KSB, aus eigener Erfahrung. Als junge Assistenzärztin musste sie häufig die Frühschicht übernehmen und verzichtete deshalb meist auf das Frühstück – berufsbedingtes Intervallfasten sozusagen. «Über einen Zeitraum von zwei Jahren habe ich so acht Kilo abgenommen», erzählt Egloff.
Der Methode auf der Spur
Doch beim Intervallfasten geht es um mehr als ums Abnehmen. Vor rund sieben Jahren veröffentlichten amerikanische Forscher in der Fachzeitschrift «Cell Metabolism» das Foto zweier Mäuse. Die eine war dick und leberkrank, die andere schlank und kerngesund. Und dies, obwohl beide Mäuse derselben Zuchtlinie entstammten, gleich alt waren, sich beide nur wenig bewegten und stets die exakt gleiche Menge an Nahrung zu sich nahmen. Die schlanke Maus wurde allerdings nur in einem bestimmten Zeitfenster gefüttert, während die dicke Maus ihre Futterration über den ganzen Tag verteilt erhielt. Die Forscher schlossen daraus, dass der Zeitpunkt der Nahrungsaufnahme entscheidend sein könnte, ob eine Maus gesund bleibt oder krank wird, und dass sich das beim Menschen ähnlich verhalten könnte. Nun sind Menschen allerdings keine Mäuse, und Humanstudien zum Thema gibt es erst wenige.
Wer sollte nicht intermittierend fasten?
Obwohl Intervallfasten viele Vorteile zu haben scheint, ist unter gewissen Umständen Vorsicht geboten. Unbedingt ärztlichen Rat sollte man suchen bei chronischen Krankheiten, niedrigem Gewicht, Stoffwechselerkrankungen und Krebs. Auch im höheren Alter, bei Kindern sowie während der Schwangerschaft und Stillzeit ist eine medizinische Begleitung angezeigt.
Der Körper recycelt sich selbst
Bekannt ist, dass der Körper nach 10 bis 16 Stunden ohne Kalorienzufuhr den Prozess der Autophagie startet. Der japanische Zellforscher Yoshinori Osumi erhielt für seine Forschung auf diesem Gebiet 2016 den Medizin-Nobelpreis. Der aus dem Griechischen stammende Begriff autóphagos kann – etwas unschön – mit «Selbstverdauung» übersetzt werden und verdeutlicht, worin dieser Prozess besteht. Ohne Nahrung greift unser Organismus nämlich auf körpereigene Ressourcen zurück, um Nährstoffe und die benötigte Energie zu gewinnen. Er baut ab, was er nicht mehr benötigt – geschädigte Proteine oder abgestorbene Zellbestandteile etwa. Auch krankhafte oder potenziell krankmachende Strukturen sowie abgestorbene Bakterien oder Viren werden auf diesem Weg entsorgt. Dieser von 35 Genen gesteuerte Vorgang in unseren Körperzellen ist eine körpereigene Müllabfuhr. Die Autophagie sorgt damit für eine ständige Zellerneuerung, während eine echte Neubildung von Zellen Tage oder sogar Jahre dauern kann.
Forschung zum Intervallfasten erst am Anfang
Ist der Prozess der Zellerneuerung gestört – etwa, weil wir heute rund zehnmal am Tag essen –, könnte dies Krankheiten wie Krebs, Alzheimer und Diabetes begünstigen. Wie ausgeprägt diese Effekte sind, darüber herrscht in Fachkreisen Uneinigkeit. «Vieles ist noch Hypothese», sagt Egloff, «aber die Evidenz wird immer grösser.» So würden gewisse Tumore beispielsweise empfindlich auf Nahrungsentzug reagieren, da sie für ihr schnelles Wachstum sehr viel Energie benötigen. Ebenso unstrittig sei die Erkenntnis, dass Zellen nicht für eine ständige Energiezufuhr ausgelegt sind, sondern Ruhepausen benötigen. Das intermittierende Fasten greift zudem gezielt das Bauchfett an. Das sogenannte viszerale Fett ist heimtückisch: Es nistet sich zuerst zwischen den inneren Organen ein, bevor es äusserlich sichtbar wird. Auch ein äusserlich schlanker Mensch kann viel Bauchfett haben. Später verhält sich das Bauchfett wie ein eigenständiges Organ, kann sich chronisch entzünden und greift aktiv in den Stoffwechsel ein. Seine über 200 Signal- und Entzündungsstoffe lösen Krankheiten aus und sind ein Risiko für Herzinfarkte, Schlaganfälle oder das metabolische Syndrom.
Erste Effekte nach wenigen Wochen
All diese Informationen gelte es nun richtig zu interpretieren, sagt Egloff. «Dafür braucht es unbedingt mehr längerfristige Studien.» Denn das dem Intervallfasten zugrundeliegende Konzept ist in seinen Augen interessant und schlüssig: «Besonders faszinierend finde ich, dass sich erste Effekte offenbar schon einstellen, wenn man Intervallfasten nur an zwei oder drei Tagen pro Woche praktiziert.» Diese sind teilweise schon nach wenigen Tagen messbar: Die Blutwerte verbessern sich, der Bluthochdruck lässt nach. Bereits nach wenigen Wochen sind weitere positive Effekte spürbar: Der Bauch ist weniger gebläht und flacher, man fühlt sich fitter und wacher.
Und wie ist das jetzt mit Chips und Schokolade? Darf man wirklich alles essen? «Ab und zu sind Chips und Schokolade okay. Es gilt aber immer die gleiche Regel: wenig Fett und Zucker, dafür genügend Bewegung», meint Egloff, ganz der Mediziner.
Anleitung: So geht Intervallfasten
Es gibt mehrere Varianten des Intervallfastens.
Ernährungsberatung am KSB
Text: Markus Sulger • Geprüft von: Michelle Egloff, Leitende Ärztin für Diabetologie und Endokrinologie