Lea leidet an Colitis ulcerosa, einer chronisch entzündlichen Darmerkrankung.
Es begann auf der Reise nach Paris, im Zug. Lea war gerade mit ihrer Lehre fertig. Das wollte sie in Frankreich mit ihren Freunden feiern. «Ich war damals eine richtige Partynudel», erinnert sie sich. Sie ging gern aus, genoss das Leben, freute sich auf das, was vor ihr lag. Das alles nahm mit jener Reise ein jähes Ende. «Ich hatte ganz schlimme Bauchkrämpfe und Durchfall, war nur noch auf dem Klo», erzählt sie. Nach der Rückkehr in die Schweiz erhielt sie die Diagnose: Colitis ulcerosa, eine chronisch entzündliche Darmerkrankung.
Colitis ulcerosa schränkt Leas Leben massiv ein
Die Krankheit hat ihr Leben auf den Kopf gestellt. «Ich muss immer schauen, dass ein WC in der Nähe ist», erzählt Lea. ÖV-Fahrten sind für sie der reine Horror: «Allein schon der Gedanke, dass es in einem Zug eine defekte Toilette haben könnte, löst bei mir Symptome aus.» Lieber ist sie mit dem Velo unterwegs. Und dennoch hat es nicht immer gereicht. «Die Schmerzen sind gross, und der Stuhlgang ist sehr dringend. Da ist nichts mehr peinlich: Wenn du musst, dann musst du.»
Colitis ulcerosa
Colitis ulcerosa ist gemeinsam mit Morbus Crohn die häufigste chronisch entzündliche Darmerkrankung (CED).
«Ich muss nicht mehr überall dabei sein»
Jetzt ist das anders. So unangenehm dies ist, Lea hat erkannt, dass sie besser über ihre Krankheit spricht. Heute arbeitet sie 60 Prozent. Ihr Arbeitsumfeld weiss Bescheid. Dies nimmt Lea etwas Druck weg: «Ich muss mich nicht rechtfertigen, wenn ich während der Arbeit häufiger aufs WC muss.» Privat konzentriert sie sich aufs Wesentliche. Sie hat ihre Freundschaften reduziert und sieht nur noch die Menschen, die sie wirklich mag. «Ich muss nicht mehr überall dabei sein», sagt sie. Die Krankheit habe sie auch gezwungen, zu sich zu kommen und alles etwas ruhiger anzugehen. Partys und Ausflüge wie der nach Paris haben in ihrem Leben keinen Platz mehr. «Es wird ein bisschen langweiliger», sagt Lea. Dennoch reue sie nichts. «Höchstens vielleicht das Reisen.» Aber sie weiss auch: Es lohnt sich nicht, dem nachzutrauern, was nicht geht. «Schliesslich habe ich mich in meiner Jugend ausgetobt.»
Mit Blaulicht ins Spital
Ein Ende ihres Leidens ist nicht in Sicht. Eine Therapie, die Colitis ulcerosa heilt, gibt es nicht. Leas Medikamente konnten bisher lediglich die Schübe eindämmen. In den bald 20 Jahren mit der Krankheit hat sie so ziemlich alle Therapien ausprobiert, auch alternative Ansätze. «Akupunktur war eher stressig. Ich musste mit Nadeln im ganzen Körper, auch in den Füssen, die Toilette aufsuchen», erzählt Lea. Den besten Erfolg hatte sie bisher mit Biologika. Diese Medikamente verändern die Immunantwort und dämmen so die Entzündung ein. Sie werden aus lebenden Zellen hergestellt und sind hochwirksam. «2010 erhielt ich meine erste Biologika-Infusion», erinnert sich Lea. Zuvor war sie auf dem WC zusammengeklappt, weil sie wegen der Darmentzündung viel Blut verloren hatte. Mit Blaulicht ging’s ins Spital. «Von einem Tag auf den anderen verschwanden die Symptome: Die Krankheit war inaktiv», sagt Lea. Vier Jahre lang blieb das so, dann setzte sie das Medikament ab, weil sie sich ein Kind wünschte. Es klappte; ihr Sohn ist heute sechs Jahre alt.
Drei Jahre später fing es wieder an zu brodeln. Lea hatte erst kleinere, dann grössere Schübe. Weil nur ein kleiner Teil des Darms entzündet war, versuchte sie es zunächst mit Tabletten, Einläufen und Zäpfchen. Doch 2019 wurde die Krankheit so schlimm, dass Lea wieder Biologika-Infusionen brauchte. Mit fatalen Folgen. Das Medikament, das ihr früher geholfen hatte, löste jetzt einen allergischen Schock aus. Lea musste eine Nacht in der Notfallstation bleiben.
Robin Rehmann: prominenter Colitis-ulcerosa-Patient
Wer Colitis ulcerosa hat, spricht nicht gern darüber. Nicht so Robin Rehmann. Der Radio- und TV-Moderator hat sein Leiden öffentlich gemacht. In den Videos auf seiner Website dokumentiert er seine schlimmsten Momente. Im Buch «Steine im Bauch» erzählt er, wie die Krankheit ihn quält – schonungslos mit sich selbst und zugleich voller Galgenhumor.
Die Angst, dass irgendwann kein Medikament mehr wirkt
Weitere Versuche mit unterschiedlichen Biologika folgten. Seit einigen Monaten testet sie ein neues Präparat. Monatlich spritzt sie sich mit einem Pen eine Dosis. «Bisher läuft es nicht schlecht», meint sie. Aber die Nebenwirkungen sind happig: Sie hat grippeähnliche Symptome und ist anfällig für Krankheiten, da das Medikament ihr Immunsystem dämpft.
Dennoch setzt Lea ihre Hoffnung auf dieses Medikament. Alternativen gibt es momentan nur wenige. Ihre grosse Angst? «Dass vielleicht irgendwann kein Medikament mehr wirkt. Und dass ich dann einen Teil des Dickdarms entfernen lassen muss.» Noch ist es nicht so weit. Lea geniesst ihr Leben, so gut sie kann. Sie geht mit dem Sohn auf den Spielplatz, sucht Ausgleich an der frischen Luft, macht Sport. «Aber es ist schwierig, wenn du immer kaputt bist.» Dass Colitis ulcerosa ihr Leben dominiert, lässt sie nicht zu: «Ich will die Krankheit nicht über meine anderen Sachen im Leben stellen. Dann nimmt sie mir zu viel Kraft.»
* Name der Redaktion bekannt
Gastroenterologie am KSB
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Jetzt Termin vereinbarenText: Julia Guran • Geprüft von: Dr. med. Matthias Froh, Chefarzt Gastroenterologie