Auf der Pflegestation der Pädiatrie kümmern sich ausgebildete Fachleute rund um die Uhr um die kleinen Patienten. Erfahren Sie mehr über die Pflegestation Pädiatrie.
Zur Pflegestation PädiatrieDas ist Frau Dr. Floh: schwarz-weiss gestreifte Leggings. Gepunktete Socken. Übergrosse Schuhe. Ein weisser Kittel. Ein Glöcklein um den Hals. Eine rote Nase im Gesicht. Hellblau bemalte Augenbrauen. Blumen im Haar. Nuggis, die an den Ohren baumeln. Eine prall gepackte Tasche über der Schulter, aus der Kuscheltiere herausragen.
Dr. Floh läuft durch die Kinderabteilung des Kantonsspitals Baden. Leise klimpert sie auf ihrer Ukulele, und schon weht ein Hauch von Ferienstimmung über den Gang. Die Pflegefachkräfte grüssen, lächeln. Ihre Freude ist nicht zu übersehen.
Ferienstimmung auf dem Gang
Einmal pro Woche besucht ein Traumdoktor der Stiftung Theodora die stationär aufgenommenen Kinder am KSB. Ziel ist es, ihnen den Spitalaufenthalt so angenehm wie möglich zu machen, sie aufzumuntern, sie ein wenig abzulenken.
Heute ist Dr. Floh im Einsatz. Bevor sie von Patientenzimmer zu Patientenzimmer geht, wird sie vom Pflegepersonal über Alter, Erkrankung und die aktuelle Verfassung jedes Kindes informiert. So kann sich Dr. Floh jeweils auf die Situation einstellen. Einem Kind, das sich wieder fit fühlt und noch am selben Tag nach Hause darf, wird sie natürlich anders begegnen als einem, das fiebert oder gerade aus der Narkose erwacht ist. Zudem hat sie je nach Alter ein anderes Programm in petto. «Teenager sind besonders schwer zu knacken», weiss sie. «Die wollen ja cool sein und nicht zugeben, dass sie etwas lustig finden.» Meist gelinge es ihr dann aber doch, sie zum Lachen zu bringen – «mit einem Zaubertrick».
Luftballons und Seifenblasen
Dr. Floh klopft leise an die Tür. Ihr erstes Patientenzimmer für heute. Sie fragt, ob sie hereinkommen darf. Erst nachdem die Eltern der drei Monate alten Lorena zugestimmt haben, tritt die Traumdoktorin ein. Lorena liegt in einem Gitterbettchen. Infolge einer Gehirnerschütterung musste sie zur Überwachung ins Spital. Zum Glück ist alles in Ordnung. Am Nachmittag darf sie wieder nach Hause. Jetzt ist aber erst einmal Dr. Floh bei ihr. Sie spielt eine Weile Ukulele, dann pustet sie Seifenblasen über Lorenas Bett hinweg. Interessiert schaut das Baby diesen bunt schimmernden Wundern nach und beginnt, aufgeregt zu strampeln. Lorenas ältere Schwester jagt die Seifenblasen. Die Eltern erfreuen sich am Anblick ihrer munteren Töchter.
Die Traumdoktoren bleiben immer nur so lange bei einem Kind, wie es ihm guttut; keines soll überfordert werden. Ehe Dr. Floh dieses Zimmer verlässt, bastelt sie beiden Mädchen noch Luftballonfiguren: Die Schwester kriegt eine Blume, Patientin Lorena ein Mobile, das sich über dem Bett befestigen lässt und wieder für fröhliches Strampeln sorgt. «Die Kinder bekommen immer ein Souvenir», erklärt die Traumdoktorin.
Traumberuf: Traumdoktorin
Dr. Floh heisst eigentlich Liz Monteleone und ist 55 Jahre alt. Zwei Kinder hat sie grossgezogen und nebenher in «allerlei Jobs» gearbeitet, mal als Rezeptionistin in einem Hotel, mal in einer Präzisionsschleiferei. Spass gemacht haben ihr die Tätigkeiten nie: «In der Schleiferei an der Maschine verging die Zeit einfach nicht.»
Eines Tages sah Monteleone im Fernsehen eine Dokumentation über einen Spitalclown. Damit war es um sie geschehen. «Das will ich machen», war sofort ihr Gedanke.
Energie und Leidenschaft
Fortan dachte sie wieder und wieder an ihren Traumberuf. Doch jemandem davon zu erzählen, das traute sie sich nicht. Erst anderthalb Jahre später offenbarte sie sich einer Freundin. «Ihre Reaktion war sofort: ‹Das kann ich mir super bei dir vorstellen!›», erzählt Monteleone stolz. «Und irgendwann, mit 35, habe ich dann an der Maschine gestanden und mir gedacht: ‹Wenn ich jeden Tag die Energie aufbringe, etwas zu tun, das ich nicht gerne tue: Was für eine Energie habe ich dann erst, wenn ich etwas mache, für das ich richtig brenne?›»
Mit diesem Gedanken ging Monteleone zur Berufsberatung. Zu ihrer Überraschung erhielt sie grossen Zuspruch und erfuhr von der Stiftung Theodora, die hierzulande Besuche von sogenannten Traumdoktoren organisiert. Von der Stiftung werden die angehenden Spitalclowns auch in psychologischer sowie medizinischer Hinsicht geschult. Zum Beispiel müssen sie sämtliche Hygieneregeln verinnerlichen.
Künstlerische Ausbildung
Bevor Monteleone in die Stiftung aufgenommen werden konnte, musste sie eine Clownausbildung absolvieren. Denn alle Traumdoktoren benötigen einen künstlerischen Abschluss. Sie sind Schauspieler, Sänger, Tänzer oder haben, wie Monteleone, eine Clownschule besucht.
2011 – nach allerhand Praktika und Prüfungen – war es dann so weit: Liz Monteleone wurde als Traumdoktorin bei der Stiftung Theodora zugelassen: Dr. Floh kam zur Welt. Bis heute habe sie bei jedem Einsatz das Gefühl, etwas Gutes zu tun.
Susanne Frehner, Stationsleiterin der Pädiatrie am KSB, bestätigt dieses gute Gefühl: «Natürlich sind die Traumdoktoren in erster Linie für unsere kleinen Patienten da. Aber auch die Grossen haben etwas davon. Besonders in strengen Phasen bin ich froh, wenn die Mitarbeitenden und die Eltern für einen Moment aufgemuntert werden.»
Auf der Neonatologie
Nach der kleinen Lorena besucht Dr. Floh ein noch kleineres Kind: ein Frühgeborenes auf der Neonatologie. Dort ist es im Moment der einzige Patient. Es schläft. Dr. Floh spielt ganz leise auf der Ukulele und redet flüsternd mit ihm. Sie spricht von schönen Träumen.
Im nächsten Zimmer ist die Stimmung ganz anders. Der dreijährige Lars liegt im Bett. Sein etwas älterer Zimmerkollege aber tobt wild herum; von seinem Infusionsständer lässt er sich nicht bremsen. Beide Buben lachen, als Dr. Floh mit ihren riesigen Schuhen den Raum betritt. Sie lachen weiter, als ihnen die Nuggi-Ohrringe auffallen. «Das sind doch keine Nuggis!», korrigiert Dr. Floh. «Das sind Ohrstöpsel. Die stecke ich mir in die Ohren, wenn Kinder laut sind.» Gesagt, getan: Dr. Floh steckt sich die Nuggis in die Ohren, schläft ein, schnarcht, kippt zur Seite. Die Kinder lachen nun noch lauter.
Als Dr. Floh wieder wach ist, holt sie einen Luftballon hervor. Sie bläst ihn auf und lässt dann Luft aus ihm entweichen. Auch über den Pupslaut lachen sich die Kinder schlapp. Wieder und wieder muss Dr. Floh den Ballon nun pupsen lassen.
Die Pädiatrie im KSB
Text: Katja Schönherr; Fotos: Eliane Dürst