24.08.2023

KSB-Adipositaszentrum: Zehn Jahre, zehn Highlights

Das Adipositaszentrum des Kantonsspital Baden (KSB) feiert sein zehnjähriges Bestehen. Wie geht es dem ersten Patienten heute? Welcher hat am meisten Gewicht verloren? Welches war der bisher skurrilste Fall und welcher Irrglauben hält sich am hartnäckigsten? Der Chirurg Fabian Deichsel blickt auf zehn Highlights der letzten zehn Jahre zurück.

Der erste Patient des KSB-Adipositaszentrums…

… war ein damals 50-jähriger Mann, der 2013 mit einem Gewicht von 132 Kilogramm bei uns vorstellig wurde. Nach der Operation hat er dreissig Kilogramm an Gewicht verloren, über die Jahre allerdings wieder zehn Kilogramm zugenommen. Er befindet sich immer noch bei uns in der Nachkontrolle. In den vergangenen Jahren konnte er sein Gewicht stabil halten. Mit seinem Ergebnis ist er sehr zufrieden.

Die grösste Veränderung in der Adipositas-Behandlung in den letzten zehn Jahren…

… betrifft das Teamwork respektive die Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen medizinischen Fachgebieten. Inzwischen sind die interdisziplinäre Behandlung und die Zusammenarbeit von Chirurgen, Endokrinologen, Ernährungsberaterinnen, Gastroenterologen und Psychiatern Standard und nicht mehr wegzudenken. Gemeinsam legen wir bei jedem einzelnen Patienten individuell das beste Behandlungskonzept fest.

Die drei häufigsten chirurgischen Eingriffe…

… sind nach wie vor der Magenbypass, also der Goldstandard, der Schlauchmagen oder Sleeve und die Umwandlungseingriffe wie beispielsweise ein Sleeve zu Bypass oder Magenband zu Bypass.

Die grösste Erkenntnis in zehn Jahren Adipositas-Chirurgie…

… besteht darin, dass wir den Patienten die Chance auf ein neues Leben bieten. Viele Patienten sind aufgrund ihres Gewichts verzweifelt. Sie haben jahrelang alles versucht um abzunehmen, aber der Körper gibt gewisse Kilogramme einfach nicht mehr her, egal wie korrekt man sich ernährt und wieviel man sich bewegt. Diesen Patienten mit einer Operation helfen zu können, macht einen glücklich. Die meisten Patienten sehen wir über viele Jahre hinweg in der Nachkontrolle. Wenn wir feststellen, dass sie nun ein neues, besseres Leben führen können, dann ist das auch für uns Ärzte eine schöne Bestätigung.

Der Patient mit dem höchsten Body-Mass-Index (BMI) und dem grössten Gewichtsverlust, der im KSB-Adipositaszentrum behandelt wurde…

… der höchste BMI betrug 72. Zum Vergleich: Im Normalbereich beträgt der BMI zwischen 18,5 und 24,9. Der grösste Gewichtsverlust hängt stets vom Startgewicht des Patienten ab. Wenn ein Patient mit BMI 72 und wie in dem Fall mit einem Startgewicht von 208 Kilogramm 60 davon an Gewicht verliert, ist das viel. Wenn aber eine Patientin mit einem niedrigeren BMI ihr ganzes Übergewicht verliert und ihr Normalgewicht erreicht, ist das ein noch viel besseres Ergebnis.

Der grösste Irrglauben…

… ist auf Patientenseite folgender: «Ich erhalte nach einer OP eine Modelfigur und muss mir keine Gedanken mehr machen um Ernährung und Bewegung.» Beides ist illusorisch: Eine Modelfigur erreicht man nicht durch Gewichtsabnahme, zumal etwas überschüssige Haut fast immer zu sehen ist. Und: Eine OP ist ein Hilfsmittel zum Abnehmen über 18 Monate. Danach sind eine gesunde Ernährung und viel Bewegung notwendig, um das Gewicht zu halten. Sonst steigt es wieder an – trotz chirurgischem Eingriff.

Die grösste Angst der Patienten…

… ist die, dass sie für den Rest des Lebens ihre Ess- und Lebensgewohnheiten ändern müssen. Schaffe ich das, fragen sich viele? Unsere Erfahrung zeigt: Ja, die meisten Patientinnen und Patienten schaffen es. Wir unterstützen sie langfristig und nachhaltig.

Den skurrilsten Eingriff…

… haben wir bei einem Patienten erlebt, der uns nach einer Operation im Ausland, einer Sleeve-Gastrektomie mit einer «Transitbipartition» (Zweiteilung), aufsuchte. Wir mussten erstmal nachforschen, was dort eigentlich gemacht wurde. In der Schweiz sind solche Eingriffe nicht zugelassen und würden zur «experimentellen Chirurgie» zählen. Sie sind nur im Rahmen von Studien erlaubt, die von einer Ethikkommission genehmigt sein müssen. Der Patient muss hierüber aufgeklärt werden. Wir konnten diesem Patienten am Ende aber helfen.

Der grösste Hype…

… herrscht um die wirklich guten Medikamente, die inzwischen auf dem Markt sind wie etwa Wegovy, Semaglutid oder Ozempic. Sie helfen vielen Patienten, ihr Gewicht ohne OP drastisch zu reduzieren. Der Erfolg ist so durchschlagend, dass diese Medikamente oft kaum mehr lieferbar sind. Zukünftig werden beide Therapieformen - Medikamente und Chirurgie - und in manchen Fällen eine Kombination von beiden ihren Stellenwert in der Adipositasbehandlung haben.

Das schönste Kompliment…

… das wir häufig hören und uns immer wieder freut: «Sie haben mir ein neues Leben geschenkt.»

Zehn Jahre erfolgreiche Arbeit gegen krankhaftes Übergewicht: Das interdisziplinäre Team des KSB-Adipositaszentrums.

Weitere Auskünfte:

Omar Gisler
Leiter Kommunikation und Marketing KSB
E-Mail: omar/DOT/gisler/AT/ksb/DOT/ch
Tel.: 056 486 23 82