Unser Therapiekonzept

Endometriose ist eine komplexe Krankheit – oft reicht es nicht, nur Medikamente zu verschreiben oder eine Operation durchzuführen, da viele unserer Patientinnen seit Jahren unter chronischen Schmerzen leiden. Um in dieser Situation Therapiefortschritte zu erreichen, braucht es Vertrauen, Verlässlichkeit und Respekt nicht nur zwischen Arzt, Therapeuten und Patientin, sondern auch im behandelnden Team. Wir legen viel Wert auf eine gute interdisziplinäre Zusammenarbeit, und dass Sie wenn möglich immer von der gleichen Person betreut werden.

Das Gefühl, dem Schmerz hilflos ausgeliefert zu sein, kann zu Angst und Verzweiflung führen. Ihnen Fähigkeiten zu vermitteln, selbst etwas gegen den Schmerz zu tun, ist gerade bei der Therapie chronischer Schmerzen zentral. Ebenso wichtig ist es, die durch die ständigen Schmerzen veränderte Körperwahrnehmung und das gesteigerte Schmerzempfinden zu normalisieren.

Wir wollen Sie als Menschen mit ihrem Leiden, ihren Ängsten, Wünschen und Hoffnungen ernst nehmen. Gemeinsam im Team und mit Ihnen lernen wir ständig dazu, wie wir diese Krankheit besser behandeln können.

In der Sprechstunde erarbeiten wir gemeinsam einen Behandlungsplan für Sie und ihre individuelle Situation.

Im Folgenden führen wir einige Punkte auf, die dabei besprochen werden können.

  • Besteht Kinderwunsch oder brauchen Sie eine sichere Verhütung?
  • Ist die Familienplanung abgeschlossen?
  • Was steht für Sie im Vordergrund: die Schmerzen oder der Kinderwunsch (oder beides)?
  • Haben Sie schon (positive oder negative) Erfahrungen mit Therapien gemacht?
  • Besteht eine Schmerzchronifizierung, und wenn ja, welche Faktoren haben zu ihrem Entstehen beigetragen?
  • Gibt es zusätzliche, belastende Faktoren wie grosser Druck bei der Arbeit / in der Schule, Beziehungsprobleme, usw.?

Verschiedene Therapieansätze

Da die Endometriose eine hormonempfindliche Krankheit ist, ist eine Behandlung mit Hormonen (Gestagene) möglich und sinnvoll. Diese Therapie führt zu einer Atrophisierung (=Austrocknung“ und Rückbildung) der Endometriose- und Adenomyoseherde. Manchmal kann die Situation auch mit einer kombinierten Antibabypille (Pille mit Östrogen und Gestagen) verbessert werden. Diese sollte dann möglichst ohne Pause, im sog. Langzyklus, eingenommen werden.

Unter hormoneller Therapie kommt es meist zu einem Ausbleiben oder zumindest schwächer werden der Menstruationsblutungen. Dies ist erwünscht, da damit die weitere Ausbreitung (oder nach einer Operation das erneute Auftreten) der Endometrioseherde verhindert werden kann. Wichtig ist, dass eine Pille gewählt wird, bei der der Oestrogenanteil möglichst niedrig ist, da Oestrogen das Wachstum der Endometriose fördert. Ideal ist ein reines Gestagenpräparat.

Nicht alle Endometrioseformen sprechen gleich gut bzw. schnell auf eine hormonelle Therapie an. Ausserdem gibt es auch Patientinnen, die unter einer hormonellen Behandlung an unerwünschten Wirkungen leiden, die sie nicht tolerieren können.

Die zur Endometriose-Therapie eingesetzten Hormone verhindern, dass ein Eisprung stattfindet: Für Frauen mit aktuellem Kinderwunsch sind sie deshalb nicht geeignet.

Bei Frauen, bei welchen eine hormonelle Therapie nicht in Frage kommt, können verschiedene komplementärmedizinische Therapien unterstützend wirken und auch die Chance, dass eine Schwangerschaft eintritt, verbessern. Dazu arbeiten wir mit auf dem Gebiet Endometriose / Kinderwunsch erfahrenen Therapeuten zusammen.

Viele Endometriosepatientinnen berichten, dass sie, wenn immer möglich, auf die Einnahme von Schmerzmitteln verzichten und diese nur einnehmen, wenn sie die Schmerzen nicht mehr aushalten. Es ist wichtig zu verstehen, dass dies bei Schmerzen aufgrund von Endometriose keinen Sinn macht und sogar dazu beitragen kann, dass Schmerzen chronifizieren. Die Schmerzmittel sollten möglichst sofort bei Schmerzbeginn und in genügend hoher Dosierung eingenommen werden. So kann oft eine gute und rasche Schmerzverbesserung erreicht werden. Nimmt man die Medikamente hingegen erst ein, wenn der Schmerz richtig stark ist, braucht es meist viel mehr Medikamente, um den Schmerz einigermassen erträglich zu machen.

Bei Endometriose besteht ein chronischer Entzündungszustand im Bauchraum, welcher zu einer Schmerzverstärkung beiträgt. Deshalb ist es wichtig, dass Schmerzmittel verwendet werden, welche auch gegen die Entzündung (antientzündlich) wirken (z.B. Produkte, die Ibuprofen, Acetylsalicylsäure, Diclofenac, Naproxen oder Mefenaminsäure enthalten). Paracetamol enthaltende Produkte wirken nicht antientzündlich und sind deshalb weniger geeignet - manchmal ist zur Schmerztherapie jedoch die Kombination von Paracetamol mit antientzündlichen Präparaten sinnvoll.

Manchmal ist eine Operation sinnvoll bzw. notwendig. Operiert wird in der Regel minimalinvasiv mittels Laparoskopie (=Bauchspiegelung) in Vollnarkose. Ein grösserer Bauchschnitt ist nur in sehr seltenen Fällen nötig.

Es ist uns wichtig, dass die Operationen – auch sogenannt einfache, diagnostische Laparoskopien (=Bauchspiegelung zur Abklärung) – durch im Gebiet der Endometriose erfahrene Operateure durchgeführt werden. So wird sichergestellt, dass die Diagnose auch bei sehr kleinen oder atypischen Endometrioseherden gestellt wird.

Bei der Operation wird das durch Endometriose veränderte Gewebe entfernt, und Verwachsungen werden gelöst. Die vollständige Entfernung der Endometrioseherde ist wichtig, weil es Anhaltspunkte dafür gibt, dass eine unvollständige Entfernung sogar zu einer verstärkten Schmerzwahrnehmung führen kann durch Aktivitätssteigerung der in den Herden verbleibenden Nervenfasern.

Das Gewebe wird anschliessend histologisch (=feingeweblich) untersucht, so kann die Diagnose einer Endometriose definitiv bestätigt werden.

Findet man im Untersuch Hinweise für eine zusätzliche myofasziale Schmerzursache (=Verursachung eines Teils der Schmerzen durch Probleme im Bereich der Muskulatur / Muskelhäute), kann dies mittels Beckenbodenphysiotherapie meist sehr gut angegangen werden. Oft lässt sich so eine gute Verbesserung der Schmerzen erreichen.

Wie schon im Kapitel über die Schmerzchronifizierung erwähnt, ist ihr aktives Mitarbeiten bei der Therapie zentral - dabei ist die Begleitung durch im Gebiet pelvic pain (= Beckenschmerzen) erfahrene Physiotherapeutinnen für viele Patientinnen eine grosse Unterstützung. Die Zusammenarbeit mit Ihnen ist uns wichtig, da Sie die Expertin sind für Ihre Beschwerden und Ihren Körper.

Bei ausgeprägter Schmerzchronifizierung kann die Unterstützung durch speziell ausgebildete Schmerzpsychologen sinnvoll sein. Seit November 2017 bietet das Zentrum für Schmerzmedizin Nottwil ausserdem in Zusammenarbeit mit dem KSB eine Schmerzbewältigungsgruppe für Patientinnen mit chronischen Bauchschmerzen an.

Insbesondere für Patientinnen, bei welchen ein sehr grosser Eingriff nötig ist, aber auch für solche mit schwerer Schmerzchronifizierung, kann eine stationäre Rehabilitation sinnvoll sein. Deshalb wurde zusammen mit der Rehaklinik Rheinfelden ein spezielles Programm für Patientinnen mit Endometriose / chronischen Bauchschmerzen zusammengestellt, bei denen möglichst viele der oben erwähnten Aspekte berücksichtigt werden.

Wenn man Schmerzen hat, vergeht einem oft das Lachen – oft ist ein wichtiger Teil unserer Arbeit, sie zu ermutigen, wieder einmal etwas zu unternehmen, was ihnen Spass und Freude macht – am besten gemeinsam mit Menschen, bei denen sie sich wohlfühlen. Positive Ablenkung hilft gleich gut gegen Schmerzen wie starke Schmerzmittel!

Nicht immer findet man die richtige Therapie auf Anhieb - manchmal müssen auch verschiedene Medikamente und Therapieansätze ausprobiert werden. Wir begleiten und unterstützen sie auf ihrem Weg zurück zu einer guten Lebensqualität, und sind dabei auch offen für neue, unkonventionelle Ideen.